Champions-League-GAU für Bayern Frauen: Gruppen-Aus muss Weckruf sein - die Analyse
Von Helene Altgelt
Die Bayern-Frauen sind bereits in der Gruppenphase der Champions League ausgeschieden. Ein Scheitern, das nicht zu den großen Ambitionen und Transfers im Sommer passt. An dem Ausscheiden war weniger das 2:2-Unentschieden gegen Paris schuld, als die katastrophalen Wochen vor der Winterpause. Im entscheidenden Spiel lief es besser, aber das Aus muss trotzdem ein Weckruf sein. Eine Analyse zum Bayern-GAU.
Trotz Champions-League-Aus: Alexander Straus bleibt optimistisch
Bayern-Trainer Alexander Straus hat einige Lieblingswörter. Eine kurze, unvollständige Liste: "Progress", "process", "efficiency" und "injuries". Das sind die Wörter, die diese Saison bei fast jeder Pressekonferenz der Bayern Frauen fielen. Von daher war vieles von dem, was der Norweger nach dem 2:2 gegen Paris Saint-Germain und dem damit verbundenen Ausscheiden aus der Champions League sagte, wenig überraschend.
Es ging wieder um die vielen Verletzungen von Stammspielerinnen in dieser Saison, um den langen Prozess, in dem Straus sein Team sieht. Die Leistung gegen Paris sah der Bayern-Coach als eine der besten unter seiner Ägide an, auf einem Niveau mit dem Sieg gegen Barcelona letzte Saison oder den besten Spielen gegen Wolfsburg.
Ein Satz überraschte dann aber doch. "Meine Prognose ist, dass wir die Champions League bald gewinnen werden", verkündete Straus kühn. Wenn doch nur das Abseitstor von Jovana Damnjanovic in der Nachspielzeit gezählt hätte, dann stünde Bayern jetzt im Viertelfinale gegen ein Team von der Klasse wie St. Pölten oder Slavia Prag, und dann bald schon im Halbfinale!
Straus hat in dem Aspekt recht, dass es letztendlich eine Frage von Zentimetern war, ob Bayern ausscheidet oder nicht. Aber dass die Münchnerinnen ihr Viertelfinale sicherlich gewonnen hätten - die von Straus genannten Teams haben sich im Übrigen nicht qualifiziert - und bereits jetzt auf Weltklasse-Niveau agieren, das war dann doch eine gewagte Behauptung.
Starke Leistung gegen Paris - dennoch sind Schwächen zu erkennen
Straus hatte Grund genug, nach dem Spiel zufrieden zu sein. Paris ist ein Spitzenteam, und über weite Strecken gelang es Bayern, die schnellen Stürmerinnen Katoto, Baltimore und Chawinga im Griff zu haben. Das gelang vor allem mit einer konzentrierten Team-Leistung. Zu sehen war auch, was in den letzten Spielen gefehlt hatte: Das druckvolle, leidenschaftliche Spiel auf das gegnerische Tor. Dass Bayern nach dem zweimaligen Ausgleich nicht aufgab und das Spiel fast noch drehte, ist ihnen hoch anzurechnen.
Straus sah Kleinigkeiten als entscheidend für die Niederlage an. Vor allem individuelle Fehler, wie beim 1:1, das auf dem Niveau nicht passieren darf. Eine Fehlerkette an Fehlkommunikationen zwischen Grohs und der Innenverteidigung sorgte für ein leichtes Gegentor. Auch das zweite Tor hätte nicht passieren müssen.
Auf der anderen Seite hatte sich das 2:2 etwas angedeutet: PSG war am Drücker, Grohs zeigte einige gute Paraden. Bayerns Abwehr kam in mehreren Situationen nicht hinterher. Besonders auffällig war, dass es im Spielaufbau von hinten haperte. PSG hinderte mit ihrem Pressing die Bayern daran, über die stärkere rechte Seite mit Viggósdóttir und Gwinn aufzubauen, sodass Tuva Hansen sich auf lange Bälle verlegen musste, von denen viele im Aus landeten.
Die Offensive zeigte ein couragiertes Spiel. Ob Lohmann, Bühl, Schüller oder Harder, Bayern ging in jeden Zweikampf und wurde oft dafür belohnt. Trotzdem blieb das Problem der Abstimmung, das sich in den letzten Spielen noch deutlicher gezeigt hatte. Harder prescht oft mit dem Ball nach vorne, diese Dynamik ist die große Stärke der Dänin. Aber ihre Mitspielerinnen scheinen noch nicht auf sie eingestellt, sehen nicht die gleichen Räume.
So blieben vielversprechende Möglichkeiten ungenutzt. Das könnte nach einem halben Jahr anders sein - auch wenn Harder zwischendurch verletzt war. Die Offensive könnte, auf dem Papier, eine der besten Europas sein. Aber fast nie in dieser Saison wirkte Bayern wirklich entfesselt, schoss nur zweimal drei Tore oder mehr. Die viel genannte Chancenverwertung ist ein gravierendes Problem, das stimmt. Aber sie darf nicht zu einem Wort werden, hinter dem man sich allzu leicht verstecken kann. Nicht nur der letzte Schuss, sondern auch der letzte Pass sind das Problem.
Bayern reagiert zu wenig auf den Gegner
Bayern spielte insgesamt auf einem guten Niveau. Aber selbst gegen Paris waren die Probleme der bisherigen Saison zu sehen. Eins der wichtigsten davon ist, dass Bayern es zu selten geschafft hat, sich im Spiel anzupassen, wenn es nicht lief wie erwartet. Auf das Pressing von PSG hatte Bayern keine Antwort, dabei wäre es etwa möglich gewesen, dass Zadrazil abkippt und sich zwischen die Verteidigung fallen lässt, um für mehr Ballsicherheit zu sorgen.
Auch wenn klar ist, dass Straus in der Abwehr aktuell wenige Optionen hat: Sich mehr auf den Gegner einzustellen wäre wichtig, anstatt bloß zu versuchen, das eigene Spiel aufzuziehen. Man hat manchmal den Eindruck, dass Bayern perfekte Kombinationen in den Rasen zaubern will - aber es geht beim Fußball eben auch darum, auf die Taktik der Gegenspielerinnen zu reagieren, statt wieder und wieder Plan A zu versuchen.
Straus' Wechsel sorgten für einiges Stirnrunzeln, auch das nicht zum ersten Mal: Warum wurde Harder, eine der besten Münchnerinnen an dem Abend - selbst wenn sie, wie erwähnt, weiterhin nicht perfekt eingebunden ist -, ausgewechselt? Warum wartete Straus so lange mit den Wechseln? Warum bekommen Bayings, Kerr oder Dallmann so selten eine Chance im Mittelfeld, selbst wenn es nicht läuft? Georgia Stanway fiel zum wiederholten Mal mehr mit ihren Fouls auf als mit ihren Aktionen am Ball, aber die Engländerin scheint unantastbar zu sein.
Unglückliches Aus - aber trotzdem muss es ein Weckruf sein
All das mag nach harscher Kritik klingen: Schließlich machte Bayern gegen Paris auch vieles gut, und an dem Spiel lag das Champions-League-Ausscheiden nicht. Wenn die Münchnerinnen in jedem Spiel so aufgetreten wären, wären sie wohl weitergekommen. Gegen Rom, wie nun gegen Paris, gab es einige unnötige Gegentore. Das Ausscheiden war unglücklich, das Los war auch unglücklich. Die Umstände sind mildernd, und so bitter das Aus auch ist, es ist kein Grund zur verfrühten Panik oder zu Grundsatzdebatten über die Qualität des deutschen Frauenfußballs. Bayern befindet sich unter Straus weiterhin auf einem grundsätzlich guten Weg.
Trotzdem sollte das Aus ein endgültiger Denkzettel sein: Achtung, so geht es nicht weiter. Irgendwo ist man falsch abgebogen. Statt Ausreden ist ein kritisches Hinterfragen nötig, von allen Beteiligten - nicht nur Straus, der jetzt in der Kritik steht. Denn unverdient ist das Ausscheiden trotz der Hammergruppe nicht, ein Sieg in sechs Spielen ist einfach zu wenig. Selbst in einem der besten Spiele der Saison ziehen sich die gleichen Probleme wie ein roter Faden durch die Münchner Saison. Das wirkt frustrierend - vor allem, weil trotz des vielen Redens von einem "Prozess" die Weiterentwicklung schwer zu sehen ist.
Und wann Weiterentwicklung, wenn nicht jetzt? Der Kader von Bayern ist so breit besetzt wie nie, aber man muss diese Breite auch nutzen. Und auch in der Spitze hat Straus mit Spielerinnen wie Harder jetzt sehr gute Optionen. Nur an dem Personal kann es nicht liegen. Die Rädchen müssen besser zusammengreifen - und das schnell, denn das Ausscheiden passt gar nicht zu Bayerns Ambitionen und dem Anspruch, auf höchstem Niveau zu spielen.
Man könnte sagen: Die Weiterentwicklung wird immer wieder gebremst, durch englische Wochen, durch viele Verletzungen. Aber das gehört eben dazu. Auf diese Widrigkeiten muss Bayern besser reagieren, sie sind nicht das einzige Team, das mit ihnen zu kämpfen hat. Vielleicht ist es Zeit, weitere Wörter in den Pressekonferenzen zu benutzen: "Flexibility", "reaction" und "adaptation" wären gute Kandidaten.