California Dreaming: Was die amerikanische Frauenfußball-Liga so attraktiv macht

Felicitas Rauch wechselt, wie viele europäische Spielerinnen, in die USA
Felicitas Rauch wechselt, wie viele europäische Spielerinnen, in die USA / Sebastian Widmann/GettyImages
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Es war ein klarer Trend im Winter-Transferfenster: Gleich drei Spielerinnen sind aus der Frauen-Bundesliga in die amerikanische National Women's Soccer League gewechselt. Das liegt vor allem an einem lukrativen neuen TV-Deal, aber nicht nur. Was macht die US-Liga so attraktiv?

Die Geschichte: Zuletzt wenige deutsche Spielerinnen in den USA

In dieser Winter-Transferperiode sind Felicitas Rauch (zu North Carolina Courage), Maximiliane Rall (Chicago Red Stars) und Marie Müller (Portland Thorns) in die USA gewechselt. Auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Entwicklung, denn in den letzten Jahren spielten nur wenige Deutsche in Amerika. Viele Jugendspielerinnen gehen in die USA, um dort auf hohem Niveau am College zu spielen, aber in der Profiliga NWSL sah das anders aus.

Der Trend beschränkt sich nicht nur auf Deutschland: Auch aus England oder Frankreich wechselten diesen Winter Spielerinnen in die US-Liga. Der Zeitpunkt ergibt Sinn, da die amerikanische Liga einen anderen Zeitplan hat und die Saison im März beginnt.

Zuletzt hatte Dzsenifer Marozsán per Leihe bei OL Reign gespielt, 2021 war das. Das lag aber auch an der Kooperation ihres Klubs, Olympique Lyonnais, mit dem US-Verein. Auch Almuth Schult wechselte für eine kurze Zeit zu Angel City. Davor hatte es in den frühen 2010er-Jahren eine Welle an Wechseln in die USA gegeben. Welttorhüterin Nadine Angerer, Inka Grings, Conny Pohlers und Kerstin Garefrekes machten sich 2013 und 2014 auf nach Amerika.

Nadine Angerer
Nationaltorhüterin Nadine Angerer ging vor zehn Jahren in die USA / Minas Panagiotakis/GettyImages

Das war, kurz nachdem die NWSL im November 2012 gegründet wurde. Zuvor hatte es bereits zwei weitere US-Ligen gewesen, die für europäische Spielerinnen sehr attraktiv waren. Die USA waren lange der einzige Standort, an dem man vom Fußball leben konnte. Beide Vorgänger-Ligen brachen aber wegen finanzieller Probleme zusammen. Bei der NWSL ist das anders: Finanziell ging es der Liga sogar nie besser - was einer der Hauptgründe für die vielen Wechsel aus Europa ist.

Lukrativer neuer TV-Vertrag für die NWSL

Im November wurde ein neuer TV-Deal beschlossen, der von den Verantwortlichen mit typisch amerikanischem Pathos umjubelt wurde: Der Vertrag wird "das Spiel für unsere Liga und die Spielerinnen, die jede Woche auf dem Platz stehen, grundlegend verändern", sagte NWSL-Chefin Jessica Berman: "Das ist der Start in unsere Zukunft." Soweit nichts Neues - die Dimensionen des Vertrages aber schon.

Das neue Medienrechtepaket ist das Größte, das je von einer nordamerikanischen Frauensportlige geschnürt wurde. Ganze 240 Millionen Dollar (rund 223 Millionen Euro) erhält die Liga für den Vertrag über vier Jahre. Das sind komplett neue Dimensionen, die Liga ist damit in eine andere finanzielle Stratosphäre durchgebrochen. Hauptpartner ist sind die TV-Sender ESPN und CBS Sports, außerdem Prime Video und Scripps Sports.

Zum Vergleich: Der vorherige Dreijahresvertrag hatte 4,5 Millionen Dollar eingebracht. Pro Jahr sind das also 1,5 Millionen Dollar - bei dem neuen Vertrag dagegen 60 Millionen Dollar. 40 Mal so viel wie zuvor. Da sind die überschwänglichen Worte verständlich, es ist tatsächlich eine Explosion der Einnahmen, wie sie selten zuvor gesehen wurde.

Jessica Berman
NWSL-Chefin Jessica Berman war hauptverantwortlich für den Deal / Meg Oliphant/GettyImages

Verträge in Europa sorgen nur für einen Bruchteil der Einnahmen

Dagegen wirken auch die europäischen TV-Verträge läppisch. Der aktuelle Deal der englischen Women's Super League wurde 2021 als Meilenstein gefeiert, er bemisst sich auf acht Millionen Pfund pro Jahr, was zehn Millionen Dollar entspricht. Selbst die aktuell attraktivste und finanzstärkste europäische Liga bleibt damit deutlich hinter den amerikanischen Verhältnissen zurück. Für den neuen Vertrag, den die Women's Super League aktuell aushandelt, sollen die Einnahmen auf 20 Millionen Pfund (25 Millionen Dollar) ansteigen.

Und Deutschland? In der Frauen-Bundesliga wurde das Medienrechte-Paket für die Jahre 2023/24 bis 2026/27 ebenfalls als Schritt in neue Dimensionen gefeiert. Schließlich wurden die Einnahmen pro Jahr um das 16-Fache gesteigert. Jetzt liegen sie bei etwa fünf Millionen pro Jahr - eine deutliche Verbesserung zu den Vorjahren, aber nur ein Achtel von dem, was die amerikanische Liga absahnt.

Investitionen der Klubs in Ablösesummen und Gehälter

Die Folgen des TV-Deals sind bereits stark zu spüren. Die Rekorde purzeln, und in Zukunft wird das nur noch mehr der Fall sein. Der Rekord für die höchste Ablösesumme (Jessie Fleming zu Portland) wurde bereits gebrochen und wird voraussichtlich bald wieder überboten.

Und natürlich bleibt auch mehr Geld für das Gehalt der Spielerinnen. Das "Salary Cap", also die Obergrenze, wurde als Reaktion auf den neuen TV-Deal bereits angehoben. Bald gab es einen neuen Rekord für den Vertrag mit dem höchste Gehalt: US-Stürmerin Mallory Swanson unterzeichnete kürzlich einen Vierjahresdeal über zwei Millionen Dollar mit den Chicago Red Stars.

Mallory Swanson
Topstar der Liga: Mallory Swanson / John Todd/ISI Photos/USSF/GettyImages

Mehr Sichtbarkeit und Werbedeals für NWSL-Spielerinnen

Natürlich kassieren nicht nur die Topstars wie Swanson, sondern auch die anderen Spielerinnen, nun deutlich mehr. Die finanzielle Komponente war sicherlich ein Beweggrund der vielen europäischen Spielerinnen, die es in die USA zieht. Zudem es noch einen indirekten Bonus gibt: Das Marketing der Spielerinnen ist in der amerikanischen Liga auf einem ganz anderen Level als in Europa. Durch die Sichtbarkeit und die Plattform, die sich ihnen bietet, können die Spielerinnen also auch attraktivere Werbe-Deals abschließen.

Die bestbezahlten Spielerinnen der Welt beziehen den Großteil ihrer Einnahmen nicht aus dem Gehalt durch den Klub, sondern von Sponsoren und Werbepartnern. Forbes hat gezeigt, dass die beiden Topstars der USA Megan Rapinoe und Alex Morgan im letzten Jahr damit mehr als sechs Millionen Dollar einnahmen. Es ist kein Zufall, dass auf der Forbes-Liste der zehn bestbezahlten Fußballerinnen 2023 alle bis auf zwei in den USA spielten.

US-Liga sportlich sehr ausgeglichen

Die finanzielle Attraktivität der Liga ist sicherlich der Auslöser für die Welle an Transfers in die NWSL. Daneben gibt es auch noch andere Gründe - denn dass Geld alleine nicht reicht, zeigt sich etwa daran, dass im Frauenfußball immer noch keine Stars in die saudi-arabische Liga gewechselt sind. Die USA sind dazu kulturell sehr attraktiv - Müller und Rall sprachen von einem Traum, der in Erfüllung gehe.

Sportlich ist die Liga ebenfalls reizvoll: Mit dem komplett anderen Spielstil bietet sich eine neue Herausforderung. In der NWSL braucht es vor allem Tempo, Laufstärke und Athletik. Taktik zählt weniger als in Europa, stattdessen geht es schnell hin und her. Das zu erleben, ist interessant und bietet die Möglichkeit, sich als Spielerin weiterzuentwickeln.

Last but not least ist die NWSL als ausgeglichenste Frauen-Liga der Welt bekannt. Das ist nicht nur ein Marketing-Gag: Am Ende der regulären Saison 2023 trennten den Ersten, San Diego Wave, nur dreizehn Punkte vom Zwölften, den Chicago Red Stars. Ein Unterschied der Welten zur Bundesliga, wo es 51 Zähler zwischen Bayern und Potsdam waren. In der NWSL kann jeder jeden schlagen - und in den Playoffs wird nochmal alles auf Null gestellt. Für das Abenteuer USA gibt es also gute Gründe - es wird interessant, zu sehen, inwiefern sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzt.