Transfer-Winter beim BVB: Schnellschuss oder stille Füße?
Von Oscar Nolte
Der BVB hat im Kader einige Baustellen, die es perspektivisch zu schließen gilt. Fraglich ist, ob die Borussia schon im Winter auf dem Transfermarkt aktiv wird. Das hängt auch davon ab, ob die Schwarz-Gelben ihre Ladenhüter loswerden
Der BVB steht in dieser Saison zwischen den Stühlen. Beziehungsweise zwischen Ambition und Wirklichkeit. Für den ganz großen Wurf bräuchte es wohl personelle Verstärkung im Winter. Mit Schnellschüssen im Winter hat der BVB in der Vergangenheit eigentlich gute Erfahrungen gemacht.
Vor einem Jahr traf Sportdirektor Michael Zorc mit Erling Haaland und Emre Can ins Schwarze; dabei nahm der BVB für seine Verhältnisse viel Geld auf dem komplizierten Winter-Transfermarkt in die Hand. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Haaland und Can absolute No-Brainer waren. Solche Kaliber landen im Winter selten auf dem Markt.
Treffer landete Zorc auch Anfang 2018 mit Manuel Akanji und der Leihe von Michy Batshuayi. Beide waren Sofort-Verstärkungen. Den letzten großen Fehlgriff landete der BVB im Winter vor sieben Jahren mit der Verpflichtung von Kevin Kampl; den Slowenen zog es ein halbes Jahr später für ein kleines Transferminus zu Bayer Leverkusen weiter.
Transfer-News BVB: Löst Hakim Ziyech das Flügel-Problem?
Generell ist der BVB dafür bekannt, im Winter eher die Füße still zu halten. Es sei denn, es öffnet sich eine Tür, durch die die Borussia unbedingt gehen möchte. Das könnte der Fall bei Hakim Ziyech sein, der bei Chelsea keine Rolle spielt und unlängst mit dem BVB in Verbindung gebracht wurde. Eine Leihe des Marokkaners könnte das lahmende Flügelspiel der Schwarz-Gelben deutlich beleben. Auch auf Sicht, falls sich Chelsea auf eine Kaufoption einlassen würde, könnte Ziyech ein Gewinn für den Bundesligisten sein.
Ansonsten richtet sich der Blick in Dortmund vor allem auf die Außenverteidigerpositionen. Grundsätzlich hat der BVB auf beiden Seiten Bedarf, hat mit Raphael Guerreiro und dem formstarken Thomas Meunier aber zwei gesetzte Spieler. Während sich Nico Schulz in dieser Saison auch steigern konnte, glänzte zuletzt Marius Wolf in dieser ungewohnten Rolle. Auch Thorgan Hazard machte seine Rolle als improvisierter Außenverteidiger gut.
Dass der BVB hier aktiv wird, hängt daher von zwei Faktoren ab: findet sich ein Abnehmer für Nico Schulz? Und wenn ja: gibt es auf dem Markt einen potenziellen Ersatz? Andernfalls würden die Verantwortlichen Schulz nicht ziehen lassen. Deutlich wahrscheinlicher ist es, dass Marco Rose weiterhin Löcher stopfen und darauf hoffen muss, dass seine Außenverteidiger schnell wieder fit werden und es vor allem auch bleiben.
Diese Maxime gilt grundsätzlich für den ganzen Kader: aktiv wird der BVB im Winter nur dann, wenn entweder ein Ladenhüter verkauft werden kann und oder sich eine Tür öffnet, die den Kader per sofort verbessern kann. Das wäre bei Hakim Ziyech der Fall. Diesen Deal würde Michael Zorc aber nur dann abschließen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen; fraglich, da der variable Mittelfeldspieler in London ein fürstliches Gehalt beziehen wird und in den vergangenen Monaten kaum Spielpraxis bekam.
Verkaufen würde der BVB indes nur dann Spieler, wenn sich ein Ersatz finden lässt. Neben Nico Schulz gilt das für Felix Passlack und Axel Witsel, der mit einem Wechsel zu Juventus Turin liebäugeln soll. Eine Ausnahme ist Roman Bürki, den der BVB bei einem passenden Angebot ziehen lassen wird. Mit Gregor Kobel, Marwin Hitz und Luca Unbehaun hat die Borussia zwischen den Pfosten Planungssicherheit.
Nicht zu vergessen sind zwei weitere Faktoren: die coronabedingt klamme Kasse, sowie die Rückkehr der Rekonvaleszenten. Mit Raphael Guerreiro, Giovanni Reyna, Youssoufa Moukoko und Co. wird Marco Rose nach dem Jahreswechsel wieder deutlich mehr Optionen haben. Ein Transfer im Winter würde nur dann Sinn ergeben, wenn ein Spieler verpflichtet wird, der die Mannschaft langfristig besser macht.
Das Geld dafür ist aber nicht wirklich vorhanden. Für Axel Witsel, Nico Schulz und Co. wird der BVB keine horrenden Ablösen einstreichen; einen Top-Spieler kann sich die Borussia nicht leisten. Ein Leihgeschäft, wie es offenbar bei Hakim Ziyech angedacht ist, würde nur für einen Flügelspieler Sinn machen; auf den anderen Positionen ist der BVB ausreichend besetzt.
Schnellschüsse wird es in diesem Winter beim BVB nicht geben, zumal die Situation prekärer gemalt wird, als sie es eigentlich ist. Die Borussia spielt unter Anbetracht der mildernden Umstände (erste Saison von Rose, unglaubliches Verletzungspech) eine passable bis gute Saison. Mit der Rückkehr der Langzeitverletzten kann der BVB wieder Fahrt aufnehmen. Es brennt nicht in Dortmund und daher wird Michael Zorc auf dem Transfermarkt die Füße still halten und in aller Ruhe beobachten, ob sich die ein oder andere Tür öffnet.