BVB mit Stotterstart: Hat Edin Terzic zu viel Macht?

  • Watzke gibt Terzic Job-Garantie
  • Kaderpolitik geht bislang nicht auf
  • Saisonstart gibt Grund zur Sorge
Steuert der BVB mit Terzic den Sinkflug an?
Steuert der BVB mit Terzic den Sinkflug an? / Stuart Franklin/GettyImages
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Spielerisch konnte der BVB an den ersten beiden Bundesliga-Spieltagen alles andere als überzeugen. Beim 1:1 in Bochum offenbarten sich Schwächen im Spielsystem und im Kader, die einige Fans und Beobachter daran zweifeln lassen, ob Schwarzgelb in dieser Saison wirklich um den Titel mitspielen kann. Hauptverantwortlich dafür ist Edin Terzic. Hat der BVB-Trainer zu viel Macht?

Inzwischen sind gut acht Jahre seit dem Abgang von Erfolgs-Coach Jürgen Klopp vergangen. Acht Jahre, die von Höhen und Tiefen geprägt waren und in denen das Team nie die gleiche Leidenschaft ausgestrahlt und Begeisterung entfacht hat wie zu Klopp-Zeiten. Demnach war auch die Sehnsucht nach einem Typen wie Jürgen Klopp auf der Trainerbank immer groß.

Der Coach, der dem heutigen Liverpool-Trainer als Typ am ähnlichsten ist, ist zweifellos Edin Terzic. Der 40-Jährige zeigt sich emotional und den Fans nahe. Zudem verkörpert er BVB-DNA, womit er im Verein und auf den Rängen für Pluspunkte sorgt. Dies scheint dazu geführt zu haben, dass sich der Coach ein ziemlich hohes Standing erarbeiten konnte.

Insbesondere bei Hans-Joachim Watzke ist der Trainer über alle Zweifel erhaben. "Wir gehen die nächsten Jahre den Weg mit Edin Terzic. Punkt, aus", verdeutlichte er vor wenigen Wochen in der Sportbild. Der BVB-Geschäftsführer schwärmte über die "außergewöhnlichen Fähigkeiten" von Terzic und sei zu "1000 Prozent" von diesem überzeugt.

Sicherlich hat man eine derartige Nibelungentreue schon häufiger hören können, ehe die Coaches dann doch gefeuert wurden, jedoch wird die Macht von Terzic durchaus offensichtlich.

Terzic eckt mit Kaderpolitik an

In der Sommerpause schien der Trainer in Sachen Transfers jedenfalls voll die Hebel in der Hand zu halten. Dies führte mitunter dazu, dass die Schwarz-Gelben vom anvisierten Transfer von Edson Alvarez zurückgetreten sind und auf der Sechser-Position voll auf den neuen Kapitän, Emre Can, bauen. Jener Emre Can steht eben auch genau für den Fußball, den Terzic (zum Leidwesen mancher Fans) verkörpert. Für den 40-Jährigen stehen Leidenschaft, Laufstärke und körperliche Präsenz im Fokus, wohingegen auf fußballerisches Können und Potenzial offenbar nicht mehr ganz so viel Wert gelegt wird. Die weiteren Transfers wie Ramy Bensebaini, Marcel Sabitzer und Felix Nmecha reihen sich da zumindest teilweise ein.

Angesichts der klaren Aufforderung von Terzic, nicht mehr hinterherhecheln zu wollen und zum Saisonbeginn an da zu sein, herrscht nun aber schon einiges an Unruhe vor. Sogar der sonst eher zurückhaltende Julian Brandt ging beim Interview nach dem Remis in Bochum scharf mit den Kollegen in die Kritik und bemängelte fehlende Fitness bei einigen Spielern.

BVB fehlt es an spielerischer Qualität: Fällt Terzic sich selbst zum Opfer?

Die Frage ist jedoch, ob nur die Fitness oder vielmehr die spielerischen Aspekte für die Probleme Verantwortung tragen. Gegen den VfL Bochum stellte Terzic Brandt beispielsweise erneut auf dem Flügel auf und nicht in der Zentrale, wo der Blondschopf mit seiner fußballerischen Klasse mehr bewegen kann - und sich auch deutlich wohler fühlt.

Tatsächlich wäre Brandt in der Mitte des Feldes wichtiger denn je. Angesichts der Kaderpolitik von Terzic tummeln sich im Mittelfeld derzeit vorrangig physisch starke Spieler und keine grandiosen Kicker. Der Kombi Can/Sabitzer/Nmecha fehlt es an Spielstärke, was dadurch noch verschlimmert wird, dass nach dem Abgang von Guerreiro auch kein Außenverteidiger mehr fußballerisch als besonders begabt eingestuft werden kann und nötige Unterstützung liefert.

Angesichts der Abgänge von Guerreiro und Bellingham fehlt es an spielerischen Qualität im Kader, weshalb die sportliche Stagnation praktisch vorprogrammiert ist. Der BVB war eigentlich immer bekannt dafür, internationale Top-Talente aufzuspüren und unter Vertrag zu nehmen, anstelle bekannte Gesichter aus der Bundesliga zu verpflichten, die jedoch keine Spitzenklasse verkörpern und dafür auch nicht ganz günstig waren. Ein Angriff auf die Bayern sieht anders aus, wohingegen Leipzig und Leverkusen mit spannenden Transfers wie Victor Boniface und Loïs Openda aufhorchen ließen.

Klar ist, dass die Transferpolitik und die Art Fußball zu spielen, bei einigen Dortmundern für Kopfschütteln sorgt und eben auch zum Großteil auf Terzic zurückgeht. Sollte der BVB sportlich in den nächsten Monaten enttäuschen, könnte es demnach trotz der Watzke-Treue ungemütlicher werden für den Trainer. Dieser hat sich schließlich durch seine klaren Ansagen und seiner eindeutigen Marschroute angreifbar gemacht. Die BVB-Verantwortlichen haben sich entschlossen, den Weg mit Terzic zu gehen. Wie weitreichend diese Bindung ist, wird man in den kommenden Monaten vor allem dann sehen, wenn es nicht wie gewünscht laufen sollte.

Laut Bild wird in Dortmund sogar schon darüber diskutiert, ob Terzic beim BVB zu viel Macht besitzt. Nach dem unruhigen Aus von Thomas Tuchel vor einigen Jahren hatte man sich eigentlich geschworen, keinem Trainer mehr zu viel Einfluss zu geben...


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