Der BVB zwischen Schwarz & Gelb: Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen

Die Enttäuschung war den BVB-Spielern nach der Pleite in Leipzig anzumerken
Die Enttäuschung war den BVB-Spielern nach der Pleite in Leipzig anzumerken / RONNY HARTMANN/GettyImages
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Pessimisten können im 0:3 des BVB bei RB Leipzig einen Rückfall in alte Muster erkennen. Für Optimisten hat die schwarzgelbe Welt trotz der Pleite gegen Ex-Coach Marco Rose nur einen kleinen Dämpfer erhalten, der mit Blick auf die Tabelle nicht all zu tragisch ist. Die Wahrheit in Dortmund liegt wohl irgendwo dazwischen.


Fest steht: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Und damit fünf Euro ins Phrasenschwein. Der Saisonstart in Dortmund ist weitestgehend geglückt. Die Mannschaft von Trainer Edin Terzic wirkte deutlich stabiler und reifer als in den vergangenen Monaten - vielleicht sogar Jahren.

Der Rückschlag von Leipzig kam in dieser schwarzgelben Hochstimmung zur Unzeit - erst recht gegen Marco Rose, den man im Sommer vor die Tür setzte und der nun in Leipzig eine neue Aufgabe gefunden hat.

Dem BVB fehlt das Tempo

"Dass Leipzig gerade unter Marco Rose eine hohe Intensität an den Tag legen und klar und zielstrebig hinter die Kette spielen wird, das war uns bewusst. Wir haben es aber nicht verstanden, diese Stärken zu unterbinden", erklärte Sportdirektor Sebastian Kehl gegenüber den Ruhrnachrichten.

"Es gab zu viele leichte Ballverluste, auch in Räumen, die uns wehgetan haben. Wir sind schon enttäuscht. Wir hätten durch einen Sieg einen größeren Abstand zu dem Konkurrenten herstellen und unseren Lauf fortsetzen können. Das haben wir uns aber ehrlich gesagt auch nicht verdient", analysierte Kehl und schob hinterher: "Das Tempo durch die Flügelspieler war sicherlich etwas, was uns gefehlt hat. Da müssen wir nicht drumherum reden."

Gemeint waren vor allem die Ausfälle von Karim Adeyemi, Donyell Malen, Jamie Bynoe-Gittens und Thorgan Hazard, die auf dem offensiven Flügel zuhause sind. Ohne die Flügelstürmer mangelte es dem BVB sichtbar an Tempo. "Klar, mit dem Personal sind wir nicht so schnell unterwegs, dass die Bälle häufig in die Tiefe gehen können", meinte auch Terzic im Anschluss an die Niederlage.

War es demnach eine schallende Niederlage, die im Fehlen der Tempospieler begründet war. Oder war die zuvor so hochgelobte Defensivarbeit nicht so gut wie in den Spielen zuvor?

Modeste hängt in der Luft - auch weil die Flankenqualität miserabel war

Gründe für die Pleite lassen sich einige finden. Dass es ohne schnelle Spieler auf den Flügeln schwieriger wird, Spiele zu gewinnen, dürfte in der aktuellen Konstellation jedem klar sein. Vorne drin, auf der Neun, spielt schließlich Haller-Vertreter Antony Modeste. Ein Stürmertyp, der nicht sonderlich schnell ist, und nicht sonderlich stark ins Kombinationsspiel eingebunden werden kann. Vielmehr liegen Modestes Stärken im Torabschluss - vor allem mit dem Kopf. Ein, zwei Kontakte - mehr braucht es für den Franzosen meist nicht, um zu seinen Treffern zu kommen.

Offensiv ist das für den BVB derzeit ein Problem. Nicht erst gegen Leipzig. Dort kam es am Samstagnachmittag aber besonders deutlich zum Tragen. Ein "Expected Goals"-Wert von 0,65, lediglich fünf Versuche auf das Tor, von denen schlussendlich keiner auf den Leipziger Kasten kam, sind für jede Mannschaft der Welt einfach zu wenig, um ein Spiel gewinnen zu können. Logisch, dass Modeste so völlig in der Luft hängt.

Wirkliche Alternativen hatte Terzic nicht. Youssoufa Moukoko scheint keine echte Option zu sein, bei seinem 30-minütigen Joker-Einsatz konnte der Youngster auch keine Eigenwerbung betreiben. Vorerst muss die BVB-Offensive mit Modeste laufen. Auch ohne die vermissten Flügelspieler braucht die Borussia Lösungen. Eine davon wären mehr Flanken in den Strafraum zu bringen.

Auch Malen und Adeyemi sind keine "Flankengötter"

Gegen Leipzig wurde das hier und da versucht, das Ergebnis war mehr als nur ernüchternd. Schlicht nicht bundesligatauglich waren die Hereingaben von Meunier, Guerreiro und Co. Gerade vom Portugiesen sollte man mit seinen technischen Fähigkeiten deutlich bessere Flanken erwarten dürfen.

Ob sich das Problem quasi von selbst löst, wenn etwa Malen und Adeyemi wieder dabei sind, bleibt abzuwarten. Beide verfügen über ein enormes Tempo. Als "Flankengötter" sind sie indes nicht bekannt.

So oder so, der BVB hat genügend Spieler auf dem Platz, die offensiv den Unterschied ausmachen können. Effektivität wäre hier das Schlüsselwort, das es in den kommenden Wochen braucht. Das sah man schon gegen Hoffenheim und Kopenhagen. In Leipzig fehlten die Torchancen dann allerdings fast völlig.

Der Schlüssel zum Erfolg bleibt die Defensive

Eine stabile Defensive, die es Schwarzgelb erlaubt, wieder mit nur einem oder zwei eigenen Toren Spiele zu gewinnen, ist der zweite Schlüsselfaktor. Schließlich war das eine "neue" Qualität, die man in den ersten Saisonwochen unter Terzic zeigen konnte.

In Leipzig setzte es dagegen gleich drei Gegentore. Ein echter Fingerzeig auf eine deutlich schlechtere Defensivarbeit war das Spiel dennoch nicht. Gegentor Nummer eins fiel nach einer Ecke (ein bekanntes Problem in Dortmund). Orban köpfte aus rund elf Metern ein. Ein Tor, das sicherlich nicht alle Tage so fällt. Was umso mehr für Szoboszlai Traum-Distanzschuss galt, der dem BVB endgültig den Zahn gezogen hatte.

Und so sollte man sich in Dortmund eher nicht auf die Seite der Pessimisten schlagen. Dafür war der Saisonstart insgesamt zu gut, als dass er nach der Leipzig-Pleite komplett schwarz eingefärbt werden müsste. Grund zum überschwänglichen Optimismus gibt es derzeit aber auch nicht - was auch an der Personalsituation liegt.

Die Wahrheit liegt eben irgendwo dazwischen. Alte Probleme lassen sich nicht über Nacht lösen. Selbst von Edin Terzic nicht. Auf dem richtigen Weg scheint man in Dortmund dennoch weiter zu sein!


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