BVB: Die Erkenntnisse zum Sieg in Bremen
Von Jan Kupitz

Das Debüt ist geglückt! Im ersten Spiel von Edin Terzic fuhr der BVB einen eben so verdienten wie zähen Sieg gegen Werder Bremen ein. 90min hat fünf Erkenntnisse zu der Partie:
1. Die Viererkette ist zurück
Hatte Favre in den vergangenen Monaten fast ausschließlich auf ein 3-4-2-1-System gesetzt, mit welchem er im Herbst 2019 eine Trendwende einleiten konnte, so bot Terzic gegen Werder die gute, alte Viererkette auf. Morey und Guerreiro gaben die Außenverteidiger, Hummels und Akanji verteidigten zentral. Eingewöhnungszeit brauchten die Schwarz-Gelben bei dieser Formation nicht, alle defensiven Abläufe klappten reibungslos. Auch in den kommenden Wochen dürfte die Viererkette das Mittel der Wahl sein.
Im Mittelfeld lief der BVB aber nicht mit einer Doppelsechs und einer offensiven Dreierreihe auf. Womit mir zum nächsten Punkt kommen.
2. Neue Position für Reus
Nach dem Ausfall von Haaland musste Reus, eigentlich gelernter Zehner, zuletzt vermehrt in der Sturmspitze aushelfen - eine Rolle, die dem Kapitän so gar nicht lag. Terzic überraschte Fans und Experten am Dienstagabend dagegen komplett, als er Reus tiefer als gewohnt aufstellte: Zusammen mit Bellingham war Reus häufig auf der Achterposition zu finden, Witsel räumte hinter dem Duo als alleiniger Sechser ab.
"Wir wollten mit Ballpressing aktiv auf den Gegner einwirken. Marco haben wir auf diese Position gestellt, damit wir die Wege für ihn so klein wie möglich halten. Der Weg bei Balleroberungen ist dadurch kürzer", erklärte Terzic nach Schlusspfiff bei Sport1 seinen Schachzug.
Eine Rolle, die Reus zu liegen scheint - im Gegensatz zu den vergangenen Wochen, als er wie ein Fremdkörper über den Platz lief, war der 31-Jährige gegen Werder wieder mehr am Spiel beteiligt. Es war beileibe keine herausragende Vorstellung des Dortmunder Urgesteins, doch der Trend zeigte zumindest mal wieder in die richtige Richtung.
3. Sonderlob für Moukoko
Hatte Moukoko unter Favre ausschließlich als Edeljoker fungiert, so wurde er von Terzic direkt in der Startelf aufgeboten. Der 16-Jährige versuchte zwar viel, glücklich war der Youngster, der zudem eine aussichtsreiche Möglichkeit liegen ließ, in seinen Aktionen aber nicht.
Terzic war nach Spielende (via kicker) dennoch sehr zufrieden mit dem Auftritt seines jungen Schützlings: "Youssoufa hat es super gemacht für die Mannschaft, das war wichtig. Es ging nicht darum, dass er heute das Siegtor schießt, sondern es ging darum, dass er für die Mannschaft arbeitet. Das hat er getan, mit 16 Jahren. Deswegen riesiges Kompliment an ihn."
Weitere Einsätze dürften Moukoko nach diesem Abend gewiss sein. Und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Toptalent seinen ersten Profitreffer bejubeln kann.
4. Der BVB kann ja doch verteidigen
"Uns hat viel gefehlt. Abwehrverhalten, Gegenpressing, Aggressivität. Wir sind derzeit keine Mannschaft, die gut verteidigen kann." Deutliche Worte, die BVB-Kapitän Reus nach dem 1:5 gegen den VfB Stuttgart gewählt hatte - und die wohl auch gegen Favre gerichtet waren.
Gegen Werder zeigte der BVB aber ein ganz anderes Gesicht und zumindest die richtige Einstellung. Die Floskel 'mannschaftliche Geschlossenheit', die in solchen Fällen gerne bemüht wird, dürfte den Dortmunder Auftritt am besten beschreiben. Erwähnen sollte man aber natürlich auch, dass die Grün-Weißen offensiv unfassbar harmlos waren und die Dortmunder Defensive nur selten vor Herausforderungen stellten.
Trotzdem: Drei Tage nach dem blutleeren Auftritt gegen den VfB stimmten zumindest Einsatz und Leidenschaft im Weserstadion.
5. Im Offensivspiel hakt's weiterhin
Aber: Einsatz und Leidenschaft sind eben auch Dinge, die man von einem Profifußballer wöchentlich erwarten dürfte! Was 'on top' kommt, ist eigentlich das, was durchschnittliche Teams von guten oder sehr guten unterscheidet.
Und leider muss man festhalten, dass der BVB 'on top' noch nicht viel zu bieten hatte. Das Offensivspiel war weiterhin zäh, Kreativität Fehlanzeige. Dass der Siegtreffer per Nachschuss nach einem (aus Werder-Sicht sehr dämlichen) Foulelfmeter fiel, stand bezeichnend für diesen Dienstagabend.
Wobei man natürlich festhalten muss, dass die Spieler auch nicht einfach einen Schalter umlegen können und plötzlich wieder wie von einem anderen Stern spielen - erstmal waren nur die drei Punkte wichtig. Und die hat der BVB eingefahren.
Oder wie Terzic als Fazit zog: "Ich bin stolz, dass wir von Anfang bis Ende alles gegeben haben, jeden Meter gemacht haben, den wir machen mussten. Spielerisch war es nicht das, was wir uns unbedingt bis zum Ende vorstellen. Wichtig war heute, dass wir eine Reaktion als Mannschaft gezeigt haben."