Kampf um die Meisterschale: Ungleicher Zweikampf oder enges Rennen?
Von Simon Zimmermann
Einen Zähler trennen den FC Bayern und Borussia Dortmund an der Tabellenspitze. Bahnt sich in dieser Bundesliga-Saison ein spannendes Rennen um die Meisterschaft an? Oder wird der Rekordmeister am Ende - mal wieder - ungefährdet zur zehnten Schale in Folge marschieren?
Nur Bayern und Dortmund im Meister-Rennen
Nach dem 8. Spieltag kann man jedenfalls eines festhalten: Mehr als ein Zweikampf um den Titel kann es in dieser Spielzeit nicht werden. Vize-Meister RB Leipzig befindet sich nach dem Trainerwechsel offensichtlich in der (Neu-)Findungsphase und hinkt schon weit hinterher. Bayer Leverkusen, vor dem direkten Duell mit dem FCB punktgleich, muss sich eingestehen, dass es für ganz oben (noch) nicht reicht.
Bleiben die beiden größten deutschen Vereine im Schalen-Rennen übrig. Kann es dem BVB in diesem Jahr tatsächlich gelingen, den Titel mal wieder auf dem Borsigplatz zu feiern?
Deutscher Meister BVB? Die Voraussetzungen wären da
Die Voraussetzungen wären da. Mit Erling Haaland verfügt man über eine echte Tormaschine. Kapitän Marco Reus ist fit, in Form und glänzt in der Spielmacher-Rolle. Jude Bellingham ist wohl der talentierteste Mittelfeldspieler der Welt. Manuel Akanji präsentiert sich in ultra-starker Verfassung. Und im Tor ist mit Gregor Kobel (trotz des Patzers gegen Mainz) ein Upgrade verpflichtet worden.
Ob all das aber im Vergleich mit den Bayern reicht? Zumindest mehr als fraglich. Die größten Schalen-Argumente hat der Rekordmeister zu bieten. Da wäre zum einen der Trainerwechsel. Unter Julian Nagelsmann bringen die Bayern ihre Offensivpower nahtlos weiter auf den Platz. Robert Lewandowski ist dabei nur die Speerspitze, hinter der Gnabry, Sané, Müller, Musiala und Co. glänzen können.
Das Rundum-sorglos-Paket: Die Meister-Argumente liegen auf der Bayern-Seite
29 Treffer haben die Bayern in acht Spielen erzielt - macht über 3,6 Tore pro Spiel! Selbst der offensivstarke BVB mit 22 Toren kann hier nur bedingt mithalten. Der größte Unterschied liegt aber auf der anderen Seite des Balles. Während die Bayern akzeptable acht Gegentore schlucken mussten, kassierte Dortmund schon 14.
In München hat es Nagelsmann geschafft für eine bessere Konterabsicherung zu sorgen. Das Gegenpressing greift häufig - und falls nicht, wird der große Raum dahinter besser verteidigt. Unter Flick war das noch der große Schwachpunkt im Bayern-Spiel. Der BVB dagegen kann einfach nicht ohne Gegentreffer auskommen. In jedem Spiel wird der Gegner früher oder später zum Toreschießen verleitet. Woran es liegt, weiß man bei Schwarz-Gelb selbst nicht so recht. Den einen Hauptgrund gebe es nicht, meinte Sebastian Kehl nach dem 3:1 gegen Mainz fast schon ratlos.
Klar ist aber, stellt man die defensive Anfälligkeit nicht ab, wird es schwer mit der Schale am Borsigplatz. Denn die Wahrscheinlichkeit von Patzern ist einfach deutlich höher, wenn man in jedem Spiel mindestens zwei Treffer erzielen muss, um zu gewinnen.
Patzer-Anfälligkeit beim BVB höher als beim FCB
Hier liegt der größte Trumpf der Bayern im Meisterrennen. Die Frühphase der Saison hat das eindeutig belegt. Der Rekordmeister hat einfach deutlich weniger Mühe, Pflichtsiege einzufahren. Bei Niederlagen, wie vor der Länderspielpause gegen Frankfurt, muss schon sehr viel zusammenkommen: Der Gegner muss gnadenlos effektiv sein, braucht einen überragenden Torwart und Bayern, die im Abschluss inkonsequent sind und ihre Chancen reihenweise vergeben.
Beim BVB reicht dem Gegner häufig schon eine gute Leistung. So gesehen beim Duell in Freiburg, das der BVB am Ende mit 1:2 verlor. Oder auch im Topspiel gegen Gladbach, als bei Schwarz-Gelb überhaupt nichts zusammenlaufen wollte. Quervergleiche bringen im Fußball zwar seltenst echte Aufschlüsse, aber die Duelle gegen Leverkusen verdeutlichen diese These:
Der BVB lieferte sich ein 4:3-Spektakel gegen die Werkself, das man genauso auch hätte verlieren können. Der FC Bayern dominierte Leverkusen und sorgte mit einem 5:0 zur Pause bereits für klare Verhältnisse.
FC Bayern holt die Big Points gegen die Konkurrenz
Ein Sieg, der den zweiten großen Bayern-Trumpf im Meisterrennen unterstreicht. In den Topduellen kann der FCB noch ein bis zwei Gänge hochschalten. Zwölf Siege und vier Remis holte Bayern in den letzten 16 Spielen zwischen dem Tabellenersten und -zweiten der Bundesliga.
Während man also deutlich weniger wahrscheinlich gegen die kleinen Gegner strauchelt, holt man mit großer Wahrscheinlichkeit die Big Points gegen die direkten Konkurrenten.
BVB gegen FC Bayern am 14. Spieltag: Die Vorentscheidung im Meisterrennen?
Gegen den BVB gewannen die Bayern alle der vergangenen sechs Aufeinandertreffen. In München ist die schwarz-gelbe Bilanz noch düsterer. Fünf Niederlagen und vier zu 22 Tore setzte es zuletzt in der Allianz Arena.
Anfang Dezember, am 14. Spieltag, kommt es zum Hinspiel im deutschen Klassiker. Im Signal-Iduna-Park. Dann muss der BVB die schwache Bilanz gegen die Bayern aufbessern. Ansonsten dürfte es wieder einmal ein ungleicher Zweikampf im Titelrennen werden - mit bekanntem Ausgang.