Verwandelte Schwaben & abgestürzte Trainer-Helden: Das hat uns an der Hinrunde (nicht) gefallen
Von Dominik Hager
Die ersten Saisonhälfte der Bundesliga 2023/24 ist Geschichte und hat uns einige positive und negative Erinnerungen beschert. Wir werfen einen Blick zurück und sehen uns an, was uns in der ersten Saisonhälfte besonders gut oder besonders schlecht gefallen hat.
Diese 5 Dinge haben uns gefallen
1. Die Bundesliga hat wieder echte Torjäger
Der Kampf um die Torjägerkanone glich in der Vorsaison eher einem Schneckenrennen. Am Ende holten sich Niclas Füllkrug und Christopher Nkunku die Kanone mit je 16 Treffern.
Über eine solche Zahl kann ein Harry Kane aber nur lachen. Der Engländer hat jetzt schon 21 Tore auf dem Konto, liegt aber gar nicht so weit vor Serhou Guirassy, der mit 17 Toren ebenfalls schon an Nkunku und Füllkrug vorbeigezogen ist. Zudem haben Lois Openda und Victor Boniface schon zweistellig getroffen und auch Jonas Wind und Deniz Undav schnuppern an der Marke. Es macht doch gleich viel mehr Spaß, wenn man solchen Top-Torjägern wie Kane, Guirassy und Co. beim Knipsen zusehen kann.
2. Leverkusen bietet Bayern Paroli auf Top-Niveau
Zwar hat der BVB dem FC Bayern im letzten Jahr freilich auch Paroli geboten, jedoch lag dies eher an der Schwäche der Münchner. In dieser Saison punkten die Münchner zwar wesentlich besser, liegen aber trotzdem nur auf Rang zwei. Dies ist einzig und alleine der enormen Stärke von Bayer 04 Leverkusen zu verdanken. Die Werkself steht nach 16 Spielen bei unfassbaren 42 Punkten, was einem Punkteschnitt von 2,625 Punkten pro Spiel gleichkommt. Zum Vergleich: Der FC Bayern und der BVB kamen in der Vorsaison auf 2,088 Punkte pro Spiel.
Der FC Bayern hat endlich wieder einen Gegner - und dieser fordert die Münchner mindestens genauso wie es der BVB Anfang der 2010er-Jahre getan hat. Leverkusen holt nicht nur viele Punkte, sondern spielt einen spektakulären, aber gleichzeitig auch taktisch enorm reifen Fußball. Alles spricht für das hochklassigste Titelrennen seit Jahren. Vieles deutet auch darauf hin, dass der BVB-Rekord als bester Vize-Meister aller Zeiten (78 Punkte/2016) gebrochen werden kann.
3. Der Aufschwung des VfB Stuttgart
Zwar mischt der VfB Stuttgart nicht ganz in den Sphären von Bayern und Leverkusen mit, ist aber dennoch das Überraschungs-Team der Saison. Retteten sich die Schwaben im Vorjahr lediglich über die Relegation, rangieren sie nach der Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling völlig verdient auf dem dritten Tabellenplatz. Die jungen Stuttgarter haben fußballerisch überragende Leistungen gezeigt. Nicht umsonst erklärte Augsburg-Kapitän Demirovic nach dem letzten Aufeinandertreffen, dass er noch nicht mal vom FC Bayern so hergespielt wurde, wie von den aktuell bärenstarken Schwaben.
Die hungrigen und offensivfreudigen Auftritte der Stuttgarter machen so richtig Laune und zeigen, dass man als Underdog-Team nicht nur durch eine unbequeme Spielweise Erfolg haben kann.
4. Torreiche Spiele
In den bisherigen 143 Spielen sind ganze 480 Tore gefallen, was einem Schnitt von 3,3566 Toren pro Spiel entspricht. Dies ist tatsächlich der höchste Wert seit der Saison 1984/85.
Doch auch im internationalen Vergleich besticht die Bundesliga durch ihre torreichen Spiele. So kommen die internationalen Top-Ligen wie die Premier League, La Liga, Serie A und Ligue 1 an diesen Wert nicht heran.
Zwar ist selbstredend nicht jedes Spiel spannend und spektakulär, jedoch steht die Bundesliga für offensiven Fußball, was dem Zuschauer dann doch mehr Freude bereitet als zahlreiche Nullnummern.
5. Spannende Neuzugänge
Zwar hat die Bundesliga im Sommer mit Christopher Nkunku, Jude Bellingham, Josko Gvardiol und Co. zahlreiche Top-Spieler verloren, jedoch sind auf der anderen Seite zahlreiche hochspannende Akteure hinzu gekommen. In erster Linie ist natürlich Weltstar Harry Kane zu nennen, der die Bundesliga wie kein anderer bereichert. Doch auch Akteure wie Victor Boniface, Alejandro Grimaldo, Kim min-jae, Lois Openda oder Xavi Simons sind spektakuläre Spieler, die der Bundesliga ein enormes Upgrade verleihen.
Diese 5 Dinge haben uns nicht gefallen
6. Das Aus von Baumgart und Fischer
Wer vor der Saison gewettet hätte, dass Urs Fischer und Steffen Baumgart noch in diesem Kalenderjahr ihren Job los werden, der hätte wahrscheinlich selbst die Kündigung beim Arbeitgeber einreichen können und sich ein Leben im Saus und Braus hingeben können. Fischer und Baumgart haben in der Vergangenheit unglaublich viel aus vergleichsweise begrenzten Möglichkeiten herausgeholt und waren auch als Typen echte Erscheinungen. Beide haben gezeigt, dass fehlendes Geld durch Kampfgeist und Engagement sowie konsequente und gute Arbeit ausgeglichen werden kann. Umso bedrückender ist es, dass diese beiden Coaches nicht mehr im Amt sind. Die Schnelllebigkeit des Geschäfts wird einem auf brutale Art und Weise vors Auge geführt. Der dramatische Absturz zweier Kult-Figuren ist ein gewaltiger Verlust für die Bundesliga.
7. Fehlende Leistungsdichte der Bundesliga
Zwar zeigen Leverkusen, Bayern, Stuttgart und Leipzig starke Leistungen, jedoch wird es dahinter schon arg dünn. Der BVB lässt ab und an durchblicken, dass er zu mehr imstande wäre und auch Frankfurt, Hoffenheim und Freiburg spielen phasenweise ganz guten Fußball, jedoch entfernen wir uns hier schon deutlich vom Top-Niveau. Heidenheim hat als Tabellen-Neunter gerade mal 20 Punkte auf dem Konto. Das ist keinesfalls als Kritik von Heidenheim zu verstehen, die eine starke Saison spielen, jedoch ist es schon bedenklich, dass die Hälfte der Liga auf maximal 40 Punkte zusteuert. Hinter den Top-Klubs der Liga lässt die Qualität deutlich mehr nach als in so manch anderer Saison.
8. Das Fehlen einiger Traditionsklubs
Zwar muss man den Underdog-Teams wie Heidenheim, Bochum oder Darmstadt Respekt zollen, jedoch ist es schon schade, dass so viele einst große Vereine fehlen. Durch die Abwesenheit von Schalke und dem HSV, aber auch jener von Hertha BSC gehen einige brisante Duelle wie Hamburg - Bremen, Schalke - Dortmund und Hertha - Union verloren. Dies macht die Liga natürlich ein Stück weit langweiliger. Dafür boomt die 2. Bundesliga, die in Sachen Zuschauerschnitt auf einem ähnlichen Niveau wie die Serie A, La Liga und die Ligue 1 rangiert. Man würde sich aber auch darüber freuen, wenn Teams wie Schalke oder Hamburg auch wieder dahin zurückkehren, wo sie angesichts ihrer Historie und Strahlkraft hingehören.
9. BVB verschwendet sein Potenzial
Das Titelrennen könnte noch ein wenig spannender sein, wenn denn der BVB sein Potenzial auch mal nutzen würde. Das Versagen fing hier aber gewissermaßen schon in der Sommerpause an, in der man Jude Bellingham zu billig verkauft hat und Raphael Guerreiro ablösefrei ziehen lassen hat. Neuzugänge wie Ramy Bensebaini, Felix Nmecha, Marcel Sabitzer und Niclas Füllkrug performen maximal mittelprächtig und mit der Bestimmung von Emre Can als Kapitän hat man eine klare Fehlentscheidung getroffen. Der Tabellenstand ist letztlich die logische Konsequenz aus der Terzic-Marschroute, der mehr auf Mentalität als auf fußballerisches Vermögen setzt. Noch problematischer wird es, wenn immer wieder sogar beides fehlt.
10. Handspiel-Regelung
Es war so, ist so und wird wohl auch erstmal so bleiben. Handspiele im Strafraum sind mit das leidigste und nervigste Thema, das der Fußball zu bieten hat. Immer wieder werden mehr oder weniger gleiche Szenen unterschiedlich beurteilt und noch dazu werden regelmäßig lächerliche Elfmeter gepfiffen, wo man sich wirklich die Frage stellt, wo denn der Spieler die Hand hätte hintun können. Dadurch basiert der Fußball immer häufiger auch auf dem Faktor Glück. Es braucht endlich eine klare Regelung und außerdem sollten generell viel weniger Handelfmeter gepfiffen werden.
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