Bruchhagen sieht Hecking als HSV-Trumpf im Aufstiegsrennen
Von Guido Müller
Zweimal (zwischen 1992 und 1994, sowie zwischen 2016 und 2018) war Heribert Bruchhagen als Funktionär für den Hamburger SV tätig. Klar, dass sein Blick auch immer wieder in die Hansestadt an der Elbe geht. Der aktuellen Mannschaft des HSV bescheinigt Bruchhagen nicht mehr Qualität als dem Vorjahreskader - sieht aber in der Figur des Trainers den grundlegenden Unterschied zur letzten Saison.
Zur Zeit ist der Sky-Experte genauso ausgebremst wie weite Teile im Rest des Landes auch. Die dadurch entstehenden (und entstandenen) "Folgen" gestand der 71-Jährige dann auch ganz unumwunden gegenüber der Bild-Zeitung: "Man vereinsamt ein wenig auf seiner Scholle“, gab Bruchhagen mit einem Schmunzeln zu Protokoll. "Der Ball könnte schon mal wieder rollen. Sogar das Golfspielen ist uns ja untersagt. Da fehlt mir eine plausible Erklärung. Das ist doch der geforderte Abstand in jedem Fall gewahrt."
"Man sollte alles dafür tun, um Geisterspiele zu ermöglichen!"
Die Logik mancher Abstandsregeln hin oder her - für Bruchhagen geht der Blick mittlerweile wieder nach vorn. In eine Zukunft mit Geisterspielen. Für ihn in der aktuellen Situation das geringere Übel. "Natürlich bin ich wie so viele kein Freund von Geisterspielen. Die Partie zwischen Gladbach und Köln ohne Publikum war wirklich gruselig."
Doch die Alternative zu Spielen ohne Publikum wäre ein definitiver Abbruch der Saison. Und da hat Bruchhagen eine ganz klare Haltung: "Lieber sollte die Spielzeit bis Ende August laufen, bevor die Saison einfach abgebrochen wird. Das wäre allein der sportlichen Fairness geschuldet. Man sollte alles dafür tun, um Geisterspiele zu ermöglichen. Man sollte sich nur mal vorstellen, dass anhand der aktuellen Tabellensituation der HSV als Dritter der 2. Liga nicht aufsteigen würde. Das wäre eine himmelschreiende Ungerechtigkeit." Und um den Verdacht der Befangenheit gar nicht erst aufkommen zu lassen: "Das würde ich auch behaupten, wenn Hamburg Zweiter und Stuttgart Dritter wäre. Man muss alles dafür tun, um Geisterspiele zu ermöglichen."
Bislang sieht es ja diesbezüglich gar nicht so schlecht aus. Morgen findet die mit Spannung erwartete Beratung der Sportminister der einzelnen Länder mit der Bundesregierung statt. Eventuell könnten dabei schon konkrete Termine genannt werden. In einem möglichen Re-Start der Ligen, somit auch der Zweiten, sieht Bruchhagen den HSV auf Augenhöhe mit dem VfB Stuttgart. Den Tabellenführer Arminia Bielefeld (wo Bruchhagen zwischen 1998 und 2001 ebenfalls als Manager aktiv war) sieht er bereits als enteilt an.
Hecking für Bruchhagen ein großer Trumpf im Aufstiegsrennen
Konkret zu den Chancen des HSV auf eine Rückkehr in die Bundesliga angesprochen, setzt Bruchhagen vor allem auf den Faktor Trainer: "Meine Hoffnung ist dabei Trainer Dieter Hecking. Es war eine exzellente Wahl, ihn zu verpflichten. Dieter macht mir Hoffnung, dass es am Ende doch noch reicht. Mit seiner großen Erfahrung und seiner Ruhe ist er für den HSV ein großer Trumpf im Aufstiegsrennen."
Zum Ende ließ es sich Bruchhagen nicht nehmen, seine Hoffnung für den Fußball für die Zeit nach Corona zum Ausdruck zu bringen: "Ich hoffe, dass das Geschäft ein wenig entschleunigt, also Tempo rausgenommen wird. In den letzten 20 Jahren wurde schon viel Unsinn in der Branche gemacht. Man sollte mit Blick auf die eigenen Finanzen realistischer handeln, sich nicht von überzogenen Erwartungen treiben lassen."
Und - vielleicht auch mit einem kleinen, aber liebevollen Seitenhieb auf seinen früheren Hamburger Arbeitgeber: "Man muss nicht dauernd bei jeder Delle Trainer oder Vorstände austauschen."