Borussia Dortmund im Teufelskreis: Auf der stetigen Suche nach Konstanz

Borussia Dortmund hinkt den Ansprüchen meilenweit hinterher - und das schon seit Jahren
Borussia Dortmund hinkt den Ansprüchen meilenweit hinterher - und das schon seit Jahren / Pool/Getty Images
facebooktwitterreddit

Seit der Meisterschaft im Jahr 2011 und dem darauffolgenden Double befindet sich Borussia Dortmund in einem Teufelskreis. Die eigenen Ambitionen sind groß, werden allerdings nur selten erfüllt. Auch der fünfte Trainer seit Jürgen Klopps Abschied im Sommer 2015 kann den Tanker nicht auf Kurs bringen, muss sogar um den Europapokal bangen, ehe im Sommer Nummer sechs übernehmen dürfte. Gelingt dann endlich das Vorhaben, die Bayern zu stürzen, oder grüßt in der kommenden Saison erneut das Murmeltier?

Es ist ja nicht so, als würde Borussia Dortmund es nicht versuchen. Seit Jahren verpflichten die Verantwortlichen hochveranlagte Talente wie Jadon Sancho, Erling Haaland oder Jude Bellingham, mittlerweile auch international gestandene Spieler wie Mats Hummels, Emre Can oder Axel Witsel. Mit allen Mitteln wird versucht, eine Mannschaft aufzubauen, die mit dem FC Bayern mithalten kann, ihn vom Thron stoßen kann.

Öffentlich wurde es nicht immer ausgerufen, das Ziel Meisterschaft. Letztmals verkündete BVB-Boss Hans-Joachim Watzke im Sommer 2019, dass man versuchen werde, um die Schale spielen zu wollen. Dies könne nach der knappen Vizemeisterschaft das einzige Ziel sein; und doch wurde es wieder einmal verpasst, wie schon in der Vorsaison, als zwischenzeitlich sieben Punkte Vorsprung auf die Bayern nicht genug waren.

Borussia Dortmund: Zwischen Anspruch, Wirklichkeit und Fehlentscheidungen

Fast zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass es den Dortmundern mit einer blutjungen Truppe und einem leidenschaftlichen Trainer, der seine Klasse in den vergangenen beiden Jahren beim FC Liverpool unter Beweis gestellt hat, gelang, Meister zu werden; ein Jahr später düpierte ebendiese Mannschaft den FC Bayern im DFB-Pokal-Finale mit 5:2 und feierte das Double. Seither aber zog der BVB stets den Kürzeren, die einzige Ausnahme bildete der Pokal-Triumph im Jahr 2017.

Es ist eine Mischung aus der rasanten Weiterentwicklung der Bayern seit dem Triple 2013, den hohen Ansprüchen an die Dortmunder Borussia - die vor der Auferstehung von RB Leipzig der einzige Hoffnungsträger auf einen spannenden Meisterkampf war -, und nicht zuletzt auch aus Fehlgriffen auf der Trainerbank, die dafür sorgt, dass seit 2012 nur ein Titel dazugekommen ist und die Mannschaft derzeit um den Europapokal bangen muss.

Edin Terzic ist der fünfte BVB-Trainer seit dem Rücktritt von Jürgen Klopp - und könnte in ein paar Monaten wieder abgelöst werden
Edin Terzic ist der fünfte BVB-Trainer seit dem Rücktritt von Jürgen Klopp - und könnte in ein paar Monaten wieder abgelöst werden / Frederic Scheidemann/Getty Images

Interne Unstimmigkeiten bedeuteten das Aus für Tuchel im Sommer 2017, dessen Nachfolger Peter Bosz wurde aufgrund eines gravierenden Fehlstarts im Dezember desselben Jahres entlassen, woraufhin Peter Stöger den BVB immerhin in die Champions League führen konnte. Mit Lucien Favre wurde man zweimal Vizemeister, doch weil die zweite Saison den Ansprüchen nicht gerecht wurde, wurde früh über eine Ablösung des Schweizers spekuliert, der zwar in sein drittes Jahr gehen durfte, im Dezember aber seinen Hut nehmen musste.

Aktuell sitzt Edin Terzic auf der Trainerbank, doch auch dem 38-Jährigen vermag der Turnaround nicht zu gelingen. Am Wochenende verlor Dortmund erstmals seit Mai 2010 wieder ein Bundesligaspiel gegen den SC Freiburg, befindet sich mit 32 Punkten aus 20 Spielen auf Platz sechs und profitierte einzig davon, dass Borussia Mönchengladbach das Rhein-Derby gegen den 1. FC Köln verlor.

BVB: Zorc und Kehl nehmen die Spieler in die Pflicht

Am Trainer liegt es laut den Verantwortlichen aber nicht, dass in der Bundesliga acht Niederlagen und 29 Gegentore zu Buche stehen. "Wir müssen verinnerlichen, dass wir den Gegner auf allen Feldern bekämpfen müssen", fordert Lizenzspielerleiter Sebastian Kehl laut dem kicker, Sportdirektor Michael Zorc ergänzt: "Wir erwarten von den etablierten Spielern deutlich mehr Leistung."

Die Freude ist den Klubverantwortlichen dieser Tage selten ins Gesicht geschrieben
Die Freude ist den Klubverantwortlichen dieser Tage selten ins Gesicht geschrieben / Jörg Schüler/Getty Images

Die von Zorc angesprochenen etablierten Spieler, bei denen es sich dem Fachmagazin zufolge unter anderem um Marco Reus, Julian Brandt, Emre Can und Raphael Guerreiro, vermutlich auch um Axel Witsel und Thomas Meunier handeln dürfte, sind diejenigen Akteure, die den BVB auf das nächste Level heben sollten. Beim Umbruch 2018 wurde der Fokus auf Erfahrung und Körperlichkeit gelegt, als nachhaltig erfolgreich hat sich diese Transferstrategie aber nicht herausgestellt.

Erst die Champions League, dann der Neustart

Und so dürfte in der kommenden Saison der sechste Trainer seit Klopps Abschied auf der Bank sitzen. Seit November wird Marco Rose als neuer Übungsleiter gehandelt, der Cheftrainer von Borussia Mönchengladbach befeuert die Gerüchte seit Wochen unbewusst, indem er sich in Schweigen hüllt und aufkommende Fragen mit Phrasen abblockt. Ähnlich wie am Niederrhein müsste er auch in Dortmund eine neue Mannschaft aufbauen, allerdings mit der Aussicht auf eine jährliche Teilnahme an der Champions League und auf Titel.

Der scheinbare Wunschkandidat: Kann Marco Rose den BVB zu altem Glanz führen?
Der scheinbare Wunschkandidat: Kann Marco Rose den BVB zu altem Glanz führen? / Matthias Hangst/Getty Images

Um in Zukunft wieder erfolgreicher zu sein, wird sich der Klub aber erst einmal für die Königsklasse qualifizieren müssen - ansonsten müsste man "einen, vielleicht auch zwei Schritte zurückmachen", wie Watzke laut kicker betont. So droht man, den FC Bayern - und auch RB Leipzig - aus den Augen zu verlieren; wobei der Branchenprimus aus München derzeit ohnehin schon 16 Punkte entfernt ist.

Gelingt der dritte Umbruch nach 2015?

Es ist der Fluch des Bayern-Jägers, der auf der Borussia lastet. Irgendwie müssen die Münchner doch zu knacken sein - doch auf eine Saison gesehen ist der Rivale zu konstant, als dass er der Konkurrenz Ausrutscher erlaubt. Will man deutscher Meister werden, sind Fehler praktisch nicht erlaubt. Doch Dortmund fällt alle Jahre wieder in bestimmte Muster zurück, die den Verein in seiner Entwicklung ein kleines Stück zurückwerfen.

Mit Anlauf ist es unter Tuchel und Favre gelungen, sich den Bayern wieder anzunähern, irgendwann kam jedoch wieder der Punkt, an dem der Abstand größer wurde. Ob ein neuer Trainer diese riesige Hürde überwindet, darf bei einem Blick auf die vergangenen fünfeinhalb Jahre angezweifelt werden.