Konstanz statt erneutem Total-Umbruch: Diekmeier empfiehlt, an Hecking festzuhalten
Von Guido Müller
Gebannt hängen dieser Tage die Hamburger Sport-Journalisten an den Lippen von Jonas Boldt. Jedes mimische Detail, jede noch so unscheinbare verbale Wendung des Sportvorstandes des HSV wird chirurgisch genau seziert, um irgendwelche Anhaltspunkte für den Verlauf der schwelenden Trainerdebatte im Volkspark zu erhalten. Ein früherer HSVer hat zu dem Thema eine ganz klare Haltung.
Für Dennis Diekmeier, dem am Sonntag - ausgerechnet im Volkspark und ausgerechnet gegen "seinen" alten HSV - sein zweites Profi-Tor überhaupt gelang, ist die Sache klar: Hecking muss bleiben!
"Das größte Problem beim HSV ist seit Jahren die Trainerposition", sagte Diekmeier in einem Interview mit Sport1. "Ich hatte in acht Jahren 16 Trainer, das ist ja unfassbar! Man sollte nicht schon wieder den Fehler machen den Trainer auszutauschen, sondern Dieter Hecking die Möglichkeit geben, ein zweites Jahr dort arbeiten zu können."
Konstanz vs. Radikal-Umbruch
Selbst einem nicht-fußballaffinen Menschen sollte es aufgehen, dass Konstanz - ein immer wieder genannter Begriff, wenn es um die Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches Arbeiten in einem Fußball-Klub geht - mit einem halbjährlichen Wechsel des Trainers kaum zu erreichen ist. Ich selbst war in diesen letzten Tagen auch etwas hin- und hergerissen. Einerseits ist da die tief in meiner Seele sitzende Tendenz, nach dem Unglück sofort alle Scherben aufzufegen und sie zu entsorgen - andererseits bin ich mir natürlich auch darüber im Klaren, dass es genauso ja beim HSV immer lief in den letzten Jahren. Und - ist es dadurch besser geworden? Eher nicht.
Ja, Hecking hat mich schon im Herbst etwas überrascht (um nicht zu sagen: enttäuscht), als er sich in für meine Begriffe recht dünnhäutiger Art und Weise über die extreme Medienlandschaft ("Alles immer nur schwarz oder weiß!") und über den wachsenden Unmut in der Fan-Gemeinde beklagte. Wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, da der HSV plötzlich nicht mehr in der Lage war, Gegner wie Wiesbaden, Holstein Kiel oder den VfL Osnabrück zu schlagen. Und wem anderes als dem Trainer soll man denn die Schuld geben, wenn man über Wochen hinweg die Mannschaft immer wieder die selben Fehler machen sieht? Klar, Hecking steht nicht selbst auf dem Platz. Das mit dem Toreschießen (und Toreverhindern) müssen die Spieler entsprechend auch ohne ihn hinkriegen. Aber warum fand man ebenfalls in unschöner Regelmäßigkeit keine Mittel gegen die Antworten, die die Gegner spätestens ab der Rückrunde immer häufiger parat hatten?
Seit heute ist der HSV ohne Trainer
Wenn Hecking in den kommenden Tagen auf diese Fragen zufriedenstellende Antworten geben kann und auch glaubhaft vermittelt, dass diese Fragen in der kommenden Spielzeit keine Rolle mehr spielen werden, sollte man ihm vielleicht doch noch eine zweite Chance geben. Eventuell sogar gekoppelt an einen noch leistungsorientierteren Vertrag als der, der mit dem gestrigen Tage auslief. Entsprechend werde ich mich einfach mal Diecki anschließen und hoffen, dass Hecking seine zweite Chance in Hamburg, so er sie denn erhält, nutzen kann. Eine dritte wird er ganz sicher nicht bekommen.