Von Bisanz zu MVT: Die bisherigen Trainer & Trainerinnen der deutschen Frauen-Nationalmannschaft
Von Helene Altgelt
Achtmal hat die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bereits die EM gewonnen, gehört zu den erfolgreichsten Teams überhaupt. Mit Namen wie Birgit Prinz oder Alexandra Popp kann wohl jeder etwas anfangen, aber wer saß bei den Erfolgen auf der Trainerbank? Die DFB-Trainer und Trainerinnen im Überblick.
Die Trainer und Trainerinnen der Frauen-Nationalmannschaft
1. Gero Bisanz (1982-1996)
Offiziell wurde das DFB-Team der Frauen im Jahr 1982 gegründet. Davor gab es allerdings schon einige inoffizielle Delegationen, die Deutschland auch bei internationalen Turnieren vertraten. Erster Trainer war Gero Bisanz, der zuvor in den 70er Jahren das Männerteam von Bayer Leverkusen trainiert hatte.
Nach anfänglicher Skepsis war Bisanz Feuer und Flamme für den neuen Job und blieb ganze 14 Jahre lang Trainer. Mit dem DFB-Team gewann Bisanz gleich das erste Turnier, die EM 1989, vor 23.000 Zuschauern in Osnabrück. In den 90er Jahren dominierte Deutschland zusammen mit den USA den Fußball der Frauen und konnte 1991 und 1995 erneut den EM-Titel gewinnen.
Mit der WM wurde es unter Bisanz aber noch nichts, Deutschland verlor 1995 das Finale gegen Norwegen. Ein Jahr später trat Bisanz zurück: Bei den ersten Olympischen Spielen mit Frauenfußball-Turnier kam Deutschland nicht über die Gruppenphase hinaus.
2. Tina Theune (1996-2005)
Nachfolgerin von Bisanz wurde Tina Theune, die zuvor zehn Jahre lang seine Co-Trainerin gewesen war. Sie verjüngte das Team und gab aufstebenden Talenten eine Chance. Dazu war sie für ihre Akribie bekannt: "Sie kannte die Spielerinnen des Gegners meist besser als deren eigene Trainer", witzelte Renate Lingot mal.
Theune war die erste Frau, die das Diplom als Fußball-Lehrerin erhielt, das bestmögliche Zertifikat für Trainer und Trainerinnen. Sie war eine der erfolgreichsten Trainerinnen der DFB-Elf: Unter ihr gewann Deutschland drei Europameisterschaften in Folge (1997, 2001, 2005) und dazwischen die WM 2005. Bei Olympia holte das Team mit ihr zweimal die Bronzemedaille.
Bis auf die WM 1999, als Deutschland im Viertelfinale gegen den künftigen Weltmeister USA scheiterte, landete die Nationalmannschaft mit ihr bei großen Turnieren stets auf dem Treppchen. Unter ihr schoss Deutschland in 135 Spielen ganze 380 Tore und kassierte nur 113 - eine solche Dominanz gab es danach nur noch selten.
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, nach der EM 2005, nahm sie dann den Hut. Später wurde sie in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen und war als Ausbilderin im DFB tätig.
3. Silvia Neid (2005 - 2016)
Wieder übernahm eine ehemalige Assistentin: Silvia Neid, zuvor auch als Spielerin überaus erfolgreich gewesen, übernahm 2005 das Ruder. Genau wie Theune zu Beginn ihrer Zeit als Trainerin verjüngte Neid das Team.
Nach einem teils holprigen Anfang konnte Neid bald die Früchte des Erfolgs ernten: Bei der WM 2007 feierte Deutschland den höchsten Sieg in der Geschichte (11:0 gegen Argentinien) und wurde im Finale gegen Brasilien Weltmeister. Es war das erste und einzige Mal in der Fußballgeschichte, dass ein Team kein Gegentor bei einer WM kassierte.
Auch bei der EM 2009 triumphierte Deutschland. Neids Team war als echte Turniermannschaft bekannt, die zwar zwischen den Großereignissen nicht immer glänzte, aber da war, wenn es zählte. Wie kaum ein anderes Team war Neids Deutschland vorne effizient und hinten gut organisiert, und diese minimalistische Spielweise brachte viel Erfolg.
In der zweiten Hälfte ihrer Karriere musste Neid mit dem Viertelfinal-Aus bei der WM 2011 auch einen großen Rückschlag hinnehmen. Nach der Niederlage gegen Japan wurde sie als Trainerin von einigen infrage gestellt, da das deutsche Team ideenlos und lethargisch gewirkt hatte.
Der DFB hielt aber an Neid fest und durfte bei der EM 2013 einen weiteren Titel feiern. Bei dem Turnier gewann Deutschland jedes Spiel in der K.O.-Phase mit 1:0 - symbolisch für die Spielweise des Teams.
Wie Theune trat auch Neid nach einem Höhepunkt ab: 2016 gewann Deutschland im Maracana-Stadion Olympiagold. Neid beendete als einzige Trainerin, die Olympia, die EM und die WM gewinnen konnte, ihre Karriere.
4. Steffi Jones (2016 - 2018)
Die Amtszeit von Steffi Jones war mit etwas mehr als anderthalb Jahren kurz und verlief eher unglücklich. Die Wahl von Jones hatte 2016 bereits für Stirnrunzeln gesorgt, denn sie war anders als ihre Vorgängerinnen nicht als Co-Trainerin tätig gewesen und hatte als Coach keinerlei Erfahrung. Mit den Erfolgen der Ära Neid lastete zudem ein hoher Druck auf Jones.
In ihrer Amtszeit probierte Jones viel aus, konnte sich aber nicht wirklich auf einen Spielplan und einen harten Kern an Spielerinnen festlegen. So geriet die EM 2017 ein Jahr nach ihrem Amstantritt zum Desaster, Deutschland schied bereits im Viertelfinale aus. Jones wollte ihr Team offensiv spielen lassen, aber es lief nur wenig zusammen.
Der DFB hielt zunächst an ihr fest, wie an Neid nach dem Misserfolg von 2011. Ein paar Monate später war dann aber die Geduld des Verbandes aufgebraucht, als Deutschland beim SheBelievesCup ohne Sieg blieb. Damit war Steffi Jones die erste Trainerin des Nationalteams, die vom DFB entlassen wurde.
5. Martina Voss-Tecklenburg (2018- )
Die Nachfolge von Steffi Jones trat zunächst Horst Hrubesch interimsweise an. Ihm gelang es, das Team zu stabilisieren und sieben Siege in Folge zu feiern. Im November übernahm dann Martina Voss-Tecklenburg, bis dahin Nationaltrainerin der Schweiz. Auch Voss-Tecklenburg war eine ehemalige Nationalspielerin, hatte unter Bisanz und Theune viermal die EM gewonnen.
Voss-Tecklenburgs erstes großes Turnier, die WM 2019, geriet zur Enttäuschung, da Deutschland nach großen Hoffnungen im Viertelfinale gegen Schweden ausschied. Gegen die schnellen Schwedinnen wirkte Voss-Tecklenburgs Elf defensiv überfordert, vorne fehlte die Kreativität. Das 1:2 bedeutete auch, dass sich Deutschland nicht für die Olympischen Spiele 2020 qualifizieren konnte.
Nach 2019 folgte eine Phase mit vielen Experimenten, während derer Voss-Tecklenburg einige Spielerinnen aussortierte und neue Talente hereinbrachte. Die Ergebnisse waren aber eher mäßig, und vor der EM 2022 gab es nach einer Niederlage gegen Serbien einiges an Kritik an der Trainerin.
Im echten Neid-Style war das DFB-Team bei der EM dann aber voll da, überzeugte auf ganzer Linie und wurde Vize-Europameister. Für Voss-Tecklenburg gilt es nun, diese Leistung bei der WM 2023 zu bestätigen. Neulich verlängerte sie ihren Vertrag bis 2025.