Bewährungsprobe bestanden: Marc Roca kann dem FC Bayern helfen
Von Florian Bajus
Seine erste echte Bewährungschance beim FC Bayern hat Marc Roca genutzt. Der 23-jährige Spanier konnte beim 3:1-Sieg über RB Salzburg andeuten, warum er nach dem Abgang von Thiago verpflichtet worden ist - einzig der Platzverweis trübt das Bild.
Die Rolle des Spielmachers im zentralen Mittelfeld ist extrem anspruchsvoll. Die Spieler müssen die richtigen Räume finden und besetzen, um überhaupt anspielbar zu sein. Sie müssen das Positionsspiel und die Laufwege der Mannschaftskollegen kennen und Räume, die sich durch eine Bewegung oder einen Tiefenlauf öffnen, erkennen und präzise bespielen können, sobald das Kommando erfolgt.
Mit Xabi Alonso und Thiago hatte der FC Bayern in der Vergangenheit zwei Alleskönner in seinen Reihen, aktuell ist Joshua Kimmich der hauptsächliche Spielgestalter. Doch der deutsche Nationalspieler leidet an einem Meniskusschaden, weshalb das Münchner Spiel am vergangenen Wochenende gegen Werder Bremen nur wenig Struktur besaß. Ohne richtige Spielkontrolle und ohne geniale Pässe aus der Zentrale mangelte es der Elf von Hansi Flick an Dominanz und Kreativität, und somit auch an Torgefahr.
Am Mittwochabend lief es im Champions-League-Spiel gegen RB Salzburg schon besser. Statt Javi Martinez respektive Leon Goretzka als alleiniger Sechser wählte Flick ein 4-2-3-1 mit Goretzka und Marc Roca auf der Doppelsechs. Der junge Spanier war kurz vor Transferschluss von Espanyol Barcelona verpflichtet worden, verbrachte die allermeiste Zeit bislang aber auf der Bank - zu groß war die Differenz zwischen seinen Leistungen und Flicks Anforderungen. Nun aber durfte er sich auf der größten Fußballbühne Europas beweisen.
Rocas Debüt in der Königsklasse dauerte 66 Minuten, nach zwei unnötigen Fouls schickte Schiedsrichter Orel Grinfeld ihn mit Gelb-Rot vom Platz. "Er wird sich über den Platzverweis wohl am meisten ärgern", sagte Flick laut Spox nach dem Spiel, denn zuvor hinterließ sein Schützling einen ordentlichen Eindruck: "Marc hat ein gutes Debüt gemacht", sagte der 55-Jährige, "da kann er zufrieden mit sein."
Ruhiger Ballverteiler: Roca deutet sein Potenzial an
Die Zahlen unterstreichen, wie gut Roca gespielt hat: Laut fbref.com sammelte er 75 Ballkontakte, von 69 Pässen kamen 64 beim Zielspieler an - das ergibt eine Passquote von rund 93 Prozent. Nicht unwesentlich ist dabei aber auch die Art der Pässe, denn gewiss hätte Roca auch viele Bälle zurück auf die Innenverteidiger oder Torhüter Manuel Neuer spielen können - aber der 23-Jährige suchte stets den Weg nach vorne, verlagerte das Spiel entweder auf außen oder bespielte die Halbräume. Daher wies er eine Progressive Distance - dieser Wert gibt an, wie viele Meter der Ball nach einem Zuspiel in Richtung Tor gerollt ist - von etwa 453 Metern auf.
Mit seiner Ball- und Passsicherheit sowie seiner Ruhe und Pressingresistenz verleiht Roca dem Bayern-Spiel wieder mehr Kontrolle, außerdem erlaubt seine Spielweise, dass Goretzka wieder in den Zehnerraum vordringen kann. Diese vertikale Doppelsechs ist ein Schlüsselelement unter Flick. Spielte Kimmich an der Seite von Thiago, so rückte er nach vorne, während Thiago im Sechserraum die Stellung hielt, nun nehmen Kimmich und Roca diese Rolle ein, während Goretzka in die Tiefe geht.
Roca ist durchaus zuzutrauen, dass er Kimmich entlasten respektive ersetzen kann. Allgemein aber wartet eine ungemein schwere Saison auf die Bayern - denn die Spieler werden vom eng getakteten Spielplan bis an ihre Belastungsgrenzen getrieben, weitere Verletzungen sind äußerst wahrscheinlich. Ein Spaziergang werden die kommenden Monate nicht, aber Spielertypen wie Kimmich oder Roca helfen dabei, Spiele nicht völlig aus der Hand zu geben und Punktverluste zu minimieren.