Benjamin Pavard: Größte Bayern-Schwachstelle oder perfekter Rollenspieler?
Von Dominik Hager
Benjamin Pavard blickt auf sehr aufregende letzte Monate zurück. Der Rechtsverteidiger musste sich sowohl beim FC Bayern als auch in der französischen Nationalmannschaft heftige Kritik gefallen lassen. Zwischenzeitlich sah es sogar so aus, dass der umstrittene Spieler seinen Stammplatz an Niklas Süle verliert. Zuletzt konnte der 25-Jährige allerdings eine Schippe draufpacken und sich ein wenig Kredit zurückholen. Dennoch stellt sich weiterhin die Frage, ob der Ex-Stuttgarter auf Dauer gut genug ist.
Es müssen nicht immer die Offensivspieler sein, die mit ihren spektakulären Aktionen die Zuschauer vom Sessel reißen. Benjamin Pavard hat dies am Mittwoch gegen den FC Barcelona mit einer sensationellen Abwehrleistung geschafft. Im Duell mit Ousmane Dembélé gelang dem Rechtsverteidiger jede Grätsche geradezu in Perfektion. Eine viel bessere Defensiv-Leistung kann man als Rechtsverteidiger kaum liefern.
Pavard nach Formkriese auf dem Weg nach oben
Pavard ist höchst selten derjenige, der besonders auffällt. Wenn man nach einem Spiel die besten Bayern-Akteure durchgeht, kommt der Name des Rechtsverteidigers nur selten in den Kopf. Gegen den FC Barcelona hat der Spieler jedoch endlich mal ein richtiges Highlight gesetzt. Gewissermaßen kam dieses mit Ansage. Nach seinen wirklich schlechten Monaten im Herbst hat sich der Franzose immer mehr stabilisiert. Je kälter die Temperaturen draußen wurden, desto deutlicher stieg die Formkurve des Bayern-Stars.
Nachdem der Spieler vor ca. zwei Monaten noch an einem ganz entscheidenden Punkt angelangt war, in dem seine Karriere zu kippen drohte, scheint er nun auf der Siegerspur aus der Gabelung hinausgegangen zu sein.
Tatsächlich macht Benjamin Pavard in diesen Tagen genau das, was man von ihm erwarten kann. Offensiv kommt von ihm definitiv nicht viel. Dies ist jedoch nicht unbedingt negativ zu bewerten, zumal Alphonso Davies auf der anderen Seite dadurch Freiheiten nach vorne erhält.
Auf der rechten Seite machen dafür Coman und zum Teil auch Müller ordentlich Betrieb. Gerade wenn das Mittelfeldzentrum personell angeschlagen ist, kann ein rein auf die Defensive fokussierter Pavard Gold wert sein.
Wichtig als Gegenpart zu Davies: Pavard füllt seine Rolle aus
Pavard wird niemals ein Außenverteidiger wie Davies, Alexander-Arnold oder Hakimi sein, die mit ihrem unglaublichen Tempo ein offensives Feuerwerk abfackeln können. Die Frage ist jedoch, was man als Gegenpart von Davies möchte. Beim Basketball benötigt es ja beispielsweise auch keine fünf Leute auf dem Feld, die eine sensationelle Dreierquote haben, sondern auch einen Center, der zwar keine Dreier werfen kann, dafür aber unter dem Korb nicht zu bremsen ist. Genauso verhält es sich auch bei Pavard. Der Spieler muss nicht alles können - sondern das, was er als Rollenspieler einbringt, so gut wie möglich machen.
Bringt Pavard defensiv konstant Top-Leistungen, ist er mehr oder weniger die ideale Besetzung. Allerdings ist er auf der anderen Seite eben auch voll darauf angewiesen, dass er stark verteidigt. Kann er diese Fähigkeiten nicht zu nahezu 100 Prozent in die Waagschale werfen, stellt man sich automatisch die Frage, warum ein solcher Spieler überhaupt beim FC Bayern spielt.
Höhen und Tiefen beim VfB und FCB: Findet Pavard zur Konstanz?
Möchte man zu einer Langzeitanalyse ansetzen, fällt auf, dass Pavard durchaus ein Streitfall ist. Beim VfB Stuttgart absolvierte Pavard erst ein überragendes Jahr und wurde daher vom FC Bayern verpflichtet. Daraufhin ließ der Spieler bei den Schwaben aber mächtig Federn und stieg mit dem Klub sogar ab. Obwohl sich die meisten Fans zu diesem Zeitpunkt schon fragten, warum der FC Bayern so viel Geld in diesen Spieler investiert hat, strafte Pavard alle Kritiker zunächst Lügen. Pavard spielte eine erstaunlich starke Debüt-Saison in München und etablierte sich hinten rechts als absolute Bank.
Im Vorjahr wackelte der Franzose dann aber zunehmend. Neben dem fehlenden Input in der Offensive ließ auch seine defensive Leistung teilweise zu wünschen übrig. Genau hier ist man eben wieder an dem Punkt, dass der Spieler dann gar keinen Mehrwert bildet.
Im Verlauf der aktuellen Saison ging die Achterbahnfahrt von Pavard aber wieder bergauf.
Letztlich muss man sich eben die Frage stellen, ob der Franzose dieses Level jetzt auch mal konstant halten kann. Beantworten kann er diese eigentlich nur selbst. Athletisch ist der Spieler zwar grundsolide, aber auch nicht außergewöhnlich stark, wodurch er gegen die absolute Weltklasse natürlich schon auch mal an seine Grenzen kommen kann.
Pavard defensiv kompletter als Alexander-Arnold: Bayern benötigt dennoch eine Alternative
Allerdings haben andere Außenverteidiger dieser Welt auch ihre Schwächen. Der Bayern-Profi brachte dies in einem Interview vor wenigen Monaten selbst ganz gut auf den Punkt.
"Auf dem Papier ist ein Pavard vielleicht weniger sexy als ein Hakimi oder ein Alexander-Arnold, aber ich denke, dass ich defensiv kompletter bin", erklärte er in einem TV-Interview. In der derzeitigen Rolle, die er im Nagelsmann-System einnimmt, ist er vermutlich auch der passendere Spieler.
Letztlich muss man zumindest bis Sommer warten, ehe man aus Bayern-Sicht überlegen könnte, Pavard zu ersetzen. Präsentiert sich dieser defensiv stabil und insbesondere auch in der Champions League verlässlich, besteht kein Grund, Pavard zu verkaufen. Dies muss aber gleichzeitig nicht bedeuten, dass man nicht noch einen Rechtsverteidiger verpflichten darf.
Prinzipiell kann es schließlich nicht schaden, eine offensivstarke Alternative wie beispielsweise Sergino Dest dazu zu gewinnen. Vor allem gegen schwächere Gegner in der Bundesliga ist es eigentlich ausreichend, wenn zwei Innenverteidiger hinten absichern. In diesem Fall könnten Davies und sein Pendant auf rechts als offensiv ausgerichtete Abwehrspieler in der Viererkette spielen. Hierfür ist ein Pavard dann selbstverständlich keine Top-Lösung mehr.
Aus Bayern-Sicht wäre nach dem jetzigen Stand folgerichtig die beste Lösung, mit Pavard weiterzumachen und einen offensivstarken Backup zu holen. Dieser darf dann durchaus auch mehr kosten, zumal auf den anderen Positionen noch weniger Upgrade-Möglichkeiten bestehen. Toll wäre zweifelsfrei auch ein Rechtsverteidiger, der sowohl offensiv als auch defensiv überragend ist. Einen solchen hat die Fußball-Welt aber derzeit nicht zu bieten.