Bayern-Kader auf dem Prüfstand: Diese Umbaumaßnahmen müssen getroffen werden
Von Dominik Hager
1. Tor
Manuel Neuer agiert zwar derzeit auch nicht ganz fehlerfrei, ist aber im Endeffekt noch das geringste Problem. Angesichts der Tatsache, dass der Vertrag mit dem Bayern-Kapitän bis 2025 verlängert wurde, macht es auch wenig Sinn, im Sommer 2024 einen Wechsel vorzunehmen. Vielmehr erscheint es schlüssig, ab 2025 eine neue Nummer eins zu installieren.
Überlegen müsste man sich jedoch eine Leihe von Daniel Peretz. Möchte man, dass dieser eines Tages ernsthaft eine Rolle spielt, benötigt er Spielpraxis.
Die To-Do-Liste: Perez verleihen
2. Rechtsverteidigung
Die Rechtsverteidiger-Position ist die erste größere Baustelle im Bayern-Kader. Hier hat man zwar mit Mazraoui, Boey, Laimer, Kimmich und ab dem Sommer auch wieder mit Stanisic zahlreiche Optionen, jedoch zeichnet sich die Top-Lösung nicht wirklich ab.
Bei Mazraoui hat man das Gefühl, dass die Verbindung zum FC Bayern einfach nicht so ganz stimmt. Zudem fällt der Marokkaner auch zu oft verletzungsbedingt aus. Ein verlässlicher Faktor ist er in seinen eineinhalb Jahren in München nicht geworden. Demnach ist Mazraoui ein Verkaufskandidat.
Laimer ist ein solider Back-up, aber keiner, den man als Rechtsverteidiger Nummer eins einplanen sollte.
Kimmich ist auf dieser Position ohnehin nur eine Notlösung. Seine beste Rolle - in der er sich auch selbst sieht - liegt im Mittelfeld-Zentrum.
Stanisic könnte durchaus mehr als nur ein Back-up sein, ist aber gewiss auch keine Lösung auf Weltklasse-Niveau.
Angesichts der großen Anzahl an in etwa gleich starken Spielern muss die Frage erlaubt sein, ob Sacha Boey das erhoffte Upgrade sein kann. Die Gefahr ist groß, dass man auch hier nur gehobene Mittelklasse verpflichtet hat.
Sollte Boey nicht voll einschlagen, wäre es sinnvoll eine große Lösung zu finden. Nur dürfte die Auswahl eben begrenzt sein. Mit Ronald Araujo und Jeremie Frimpong gäbe es eine starke defensive und eine starke offensive Lösung. Ansonsten sind kaum Spieler in Sicht, die wirklich weiterhelfen könnten.
Die To-Do-Liste: Mazraoui verkaufen, Frimpong/Araujo verpflichten
3. Innenverteidigung
Seit Jahren verpflichten die Bayern die auf dem ersten Blick stärksten Innenverteidiger, die der Markt zu bieten hat für viel Geld. Eine wirklich kompakte Defensive sieht man auf dem Platz trotzdem nicht. Innenverteidiger leben aber eben auch davon, ob das Gesamt-Konstrukt passt oder nicht.
Es gilt zu bezweifeln, dass es Sinn ergibt, nochmal eine Mega-Summe in einen zentralen Abwehrspieler zu stecken und zu hoffen, dass plötzlich alles besser wird. Hier sollte man auf das Potenzial der vorhandenen Kaderspieler vertrauen. Individuell sind Kim, de Ligt und Upamecano allesamt Top-Verteidiger, die auch noch jung genug sind, um zusammenzuwachsen. Wenn überhaupt, würde nur eine Araujo-Verpflichtung Sinn ergeben, weil dieser eben auch auf sehr hohem Niveau rechts verteidigen kann.
Die To-Do-Liste: Gegebenenfalls Araujo als Allrounder verpflichten
4. Linksverteidigung
So schwankend die Leistungen von Alphonso Davies in dieser Saison auch waren, sollte man alles daran setzen, mit dem Kanadier zu verlängern. Gerade wenn Davies nicht dabei ist, sieht man, wie sehr sein Speed auf der linken Seite fehlt. Misslingt der Versuch einer Verlängerung, kann man sich jedenfalls relativ sicher sein, dass man direkt die nächste große Kader-Baustelle hat.
Lediglich Theo Hernández und Alejandro Grimaldo wären zwei Kandidaten, die einen Davies-Abgang auffangen könnten. Ob man diese beiden Kaliber aber bekommt, ist die andere Frage.
Die To-Do-Liste: Alles an eine Davies-Verlängerung setzen, ansonsten Hernández/Grimaldo verpflichten
5. Zentrales Mittelfeld
Das Duo Kimmich & Goretzka hat ausgedient, das dürfte inzwischen so ziemlich jedem bewusst sein. Dies bedeutet aber nicht, dass man zwangsläufig beide opfern muss.
Kimmich hat bereits gezeigt, dass er grundsätzlich ein herausragender Mittelfeldspieler sein kann. Nun gilt es jedoch einen Spieler zu finden, der perfekt an die Seite des 29-Jährigen passt. Wichtig wäre, dass dieser zweikampfstark ist und Löcher im Zentrum stopfen kann. Zudem muss dieser jedoch auch stark im Spielaufbau sein, weil Kimmich als Achter eher den offensiveren Part einnehmen würde.
Blickt man sich den Bayern-Kader an, sind diese Qualitäten einfach nicht zu finden. Guerreiro ist athletisch zu schwach, während Laimer und Goretzka im Spielaufbau Schwächen aufweisen. Zwar hat sich Goretzka zumindest diesbezüglich etwas gesteigert, jedoch baut er dafür defensiv zunehmend ab und ist gegen den Ball trotz seiner Größe, Athletik und Robustheit oft überhaupt kein wesentlicher Faktor. Goretzkas Stärken liegen in der Rolle als Box-to-Box-Spieler, der offensiv mit in den Strafraum zieht und defensiv im Pressing weiter vorne agiert. Ähnlich ist es auch bei Konrad Laimer, vor allem auf der defensiven Seite.
Daher erscheint es sinnvoll, Goretzka für einen richtigen Sechser ziehen zu lassen. Ein enorm spannender Kandidat wäre Exequiel Palacios. Der Leverkusener verzeichnet mit einer Zweikampfquote von 69 Prozent und einer Passquote von 92 Prozent exzellente Werte. Zwar spielt der 25-Jährige auch viele Sicherheitspässe, jedoch dürfte sein stabiles Aufbauspiel reichen. Für die kreativen Momente und Risikopässe hat man immer noch Kimmich.
Als Alternative sollte man weiterhin Palhinha im Auge haben, der durch seine defensive Stärke und sein ordentliches Passspiel auch gut neben Kimmich passen würde. Problematisch ist lediglich, dass der Portugiese im Sommer schon 29 Jahre alt wird. Zubimendi wäre eine mögliche Alternative und per Klausel zu bekommen. Der Spanier wäre eher ein Typ Mittelfeldstratege, der eher dank seiner technischen Klasse an Thiago erinnert. Defensiv gibt es bei ihm aber das ein oder andere Fragezeichen.
Aleksandar Pavlovic darf man als Kaderspieler nicht vergessen, jedoch sollte dieser eher als Herausforderer für Kimmich und den neuen Mann im Mittelfeld agieren.
Die To-Do-Liste: Leon Goretzka verkaufen, Palacios bzw. alternativ Palhinha oder Zubimendi verpflichten
6. Zentrales offensives Mittelfeld
Hier ist die Ausgangslage eigentlich relativ einfach. Jamal Musiala ist der Bayern-Spieler im Kader, den man auf keinen Fall verlieren darf. Thomas Müller steht zudem auch noch bis 2025 zur Verfügung. Natürlich sollten die Bosse Florian Wirtz nicht aus den Augen verlieren, jedoch macht hier keine Transfer-Offensive vor 2025 Sinn.
Die To-Do-Liste: Mit Musiala gegebenenfalls vorzeitig verlängern, Wirtz im Auge behalten
7. Offensive Außenbahn
Mit Leroy Sané, Kinglsey Coman, Serge Gnabry und Bryan Zaragoza stehen vier Flügel zur Verfügung, wobei man Mathys Tel eigentlich auch schon dazu zählen kann. Es macht auch Sinn, den jungen Franzosen zumindest für die kommenden zwei, drei Jahren auf der offensiven Außenbahn mit einzuplanen. Er selbst sagte kürzlich, dass er sich als linker Außenstürmer am wohlsten fühle. Demnach wäre es sinnvoll, wenn er und Coman sich auf der linken Seite duellieren.
Auf der rechten Seite steht Bryan Zaragoza zur Verfügung, jedoch wird dieser zunächst in die Rolle des Herausforderers schlüpfen. Stellt sich nur die Frage, wen er herausfordern soll. Bei Serge Gnabry wäre wohl ein Abschied das beste, weil dieser schon lange keine konstant starken Leistungen mehr zeigt und extrem verletzungsanfällig ist. Sané hingegen schwankt zwischen Weltklasse- und Kreisklasse. Hier stellt sich dann die Frage, ob es wirklich Sinn ergibt, mit dem 28-Jährigen zu erheblichen Konditionen zu verlängern.
Ein Seitenblick auf den Markt würde sich womöglich lohnen. Rafael Leao wäre eine enorm spannende Personalie, wobei dieser eher auf links zu Hause ist. Coman könnte allerdings auch die Seite wechseln. Ansonsten wären Spieler wie Khvicha Kvaratskhelia, Nico Williams, Takefusa Kubo oder Federico Chiesa interessant. Man darf aber eben auch nicht vergessen, was ein Sané in Topform leisten kann.
Die To-Do-Liste: Gnabry verkaufen, Lage bei Sané nach der Saison evaluieren bzw. Alternativen wie Leao oder Kvaratskhelia checken
8. Mittelsturm
Harry Kane muss natürlich als Nummer eins im Sturm gesetzt bleiben. Setzt man Tel überwiegend auf der Außenbahn ein, benötigt es einen Nachfolger für Choupo-Moting als Neuner-Back-up. Anbieten würde sich natürlich Serhou Guirassy, selbst wenn dieser trotz Klausel nicht günstig wäre. Sollte der 27-Jährige aber für die Rolle hinter Kane bereit sein, gäbe es kaum eine bessere Lösung.
Die To-Do-Liste: Guirassy als Nachfolge für Choupo-Moting verpflichten
Fazit
Der Bayern-Kader ist in der aktuellen Zusammensetzung unausgewogen. Vor allem hinten rechts und im Mittelfeld-Zentrum muss nachgebessert werden. Viel fehlt allerdings nicht, um wieder eine Mannschaft zusammenzustellen, die alle Titel gewinnen kann. Extrem wichtig wird sein, eine Bestbesetzung in der Abwehr zu finden, die wieder mehr Stabilität bringen kann.
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