Deshalb wäre Matthijs de Ligt ein Königs-Transfer für die Bayern
Von Yannik Möller
Der FC Bayern arbeitet an der Verpflichtung von Matthijs de Ligt. Aufgrund seiner durchwachsenen Zeit bei Juventus Turin wird er teilweise kritisch gesehen - vor allem für die etwaige Ablösesumme von mindestens 60 Millionen Euro. Diese Kritik ist aber ziemlich unterkomplex. Der Verteidiger wäre ein sehr großer Gewinn für den FCB. Ein Kommentar.
Eine sehr interessante Ausgangslage, von der Sky am Montagabend berichtet: Der FC Bayern sucht noch einen weiteren Innenverteidiger, der - den Wünschen von Julian Nagelsmann nach - als Leader und Stammspieler agieren soll. Dabei scheint die Wahl auf Matthijs de Ligt gefallen zu sein.
Wo es bislang nur ein sehr distanziertes Abtasten gab, haben mittlerweile sogar schon Gespräche stattgefunden. Die Bayern wollen de Ligt und de Ligt möchte zu den Bayern.
Ob eine Einigung bezüglich der Ablösesumme mit Juventus Turin erzielt werden kann, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. So oder so: Mindestens 60 Millionen Euro als fixe Ablösesumme wären gewiss nötig, dazu kämen weitere Bonuszahlungen.
Kritische Sicht wegen Juve-Zeit: de Ligt in einem falschen Licht
Auch angesichts dieser großen Summe, die für den FCB alles andere als Kleingeld ist, sind so manche Fans und Beobachter recht kritisch gegenüber dem Verteidiger. Das liegt auch an einer ziemlich durchwachsen wirkenden Zeit in Turin - dort hat er immerhin die letzten drei Jahre verbracht.
Allerdings ist diese kritische Haltung ziemlich unterkomplex. Sie ist zu vereinfacht dargestellt und lässt die deutlich überwiegenden, positiven Aspekte dieses potenziellen Transfers verblassen.
Zuletzt beschäftigte sich auch James Horncastle, der für The Athletic die Serie A als Schwerpunkt hat, mit diesem Thema. Er nannte es ein "bizarres Narrativ bei Social Media", dass de Ligt bei Juve angeblich und gemessen an seiner Ajax-Zeit schwach aufgespielt hätte.
Horncastle zog etwa den ein oder anderen Clip als Beispiel heran, der beispielsweise bei Twitter die Runde machte. Zu sehen: Das vermeintlich unnötige und fehlerhafte Verursachen von Elfmetern, vorrangig durch Handspiele. Allerdings: In Italien wurden 60 Prozent mehr (!) Elfmeter gepfiffen, als in England. Dazu, gerade bei Handspielen, mit einer sehr strikten VAR-Auslegung.
Ein solcher Effekt wird kaum beachtet. Stattdessen machen zehnsekündige Clips die Runde, werden tausendfach geteilt, wodurch sich Meinungen festigen. Wer nicht allzu regelmäßig Juventus-Partien schaut, hat derartige Ausschnitte als einzige Chance zur (verzerrten) Meinungsbildung.
Zudem ist auf die drei Juve-Jahre genauer zu achten. Als de Ligt verpflichtet wurde, endete eine Ära im Klub. In jedem einzelnen Jahr hatte der Niederländer einen neuen Trainer, mit jeweils neuen Ideen. Mal spielte er links in der Viererkette auf, mal rechts. Dann musste er sich in der Dreierkette zurechtfinden, sich zunächst auf eine hohe, dann auf eine tiefe Verteidigung einstellen.
Aspekte, unter denen kein Innenverteidiger hätte glänzen können. Und dennoch schaffte er es, in den allermeisten Partien sehr souverän aufzutreten. Es ist kein Zufall, dass er einer der Spieler war, auf die der Klub am häufigsten gesetzt hat.
Zwischen starken Leistungen und Führungsqualitäten
Ihn also anhand der letzten Jahre als eine Art Flop abzustempeln, oder als einen Spieler, der seinen großen Vorschusslorbeeren nicht gerecht wurde, ist schlichtweg falsch. Gerade deshalb ist im Hinblick auf einen potenziellen Wechsel nach München festzuhalten: de Ligt wäre ein Königs-Transfer für den Klub.
Mit erst 22 Jahren hat er ohnehin noch viel Raum für weitere Entwicklung, die von einem bereits sehr hohen Niveau aus weitergehen wird. Einige Jahre in bester Form sind zu erwarten - und das ohne größeres Risiko. Sollte er jahrelang in München bleiben: Ein sehr starker Spieler, auf den man zählen kann. Sollte er nach ein paar Jahren wechseln: Ein ebenso starker Spieler mit hohem Wiederverkaufswert.
Natürlich sind die 60 bis 80 Millionen Euro eine enorm große Summe für die Bundesliga. Und auch für die Bayern, so groß die Ziele auch international noch immer sein mögen. Doch das Paket, das mit de Ligt zu bekommen ist, wäre ebenfalls ein sehr großes.
Er war mit gerade einmal 18 Jahren ein absoluter Leader bei Ajax. Kapitän, Stammspieler, Lautsprecher und Leistungsträger. Diese Qualitäten hat er nicht verloren, auch wenn er sie zuletzt nicht ganz so beständig zeigen konnte wie in den ein, zwei Jahren zu Amsterdamer Zeiten.
Ein bodenständiger Typ abseits des Platzes, der zudem große Sympathien für den FCB übrig hat. Dass er den Verein toll findet, ist kein Geheimnis. Nicht nur das Foto vor dem Bayern-Logo, breit grinsend mit Daumen nach oben, ist dafür ein Beleg.
Nagelsmann hat absolut Recht, wenn er in ihm den Innenverteidiger sieht, der die Mannschaft über Jahre hinweg nochmals besser machen kann. Matthijs de Ligt ist einer der wenigen Spieler, für die der deutsche Rekordmeister an seine finanziellen Schmerzgrenzen gehen sollte.