"Einfach nur nackte Gewalt": Baumgart nach Ausschreitungen in Nizza fassungslos
Von Daniel Holfelder
Bei seiner Rückkehr in den Europapokal hat der 1. FC Köln ein achtbares 1:1-Unentschieden bei OGC Nizza erzielt. Angesichts gewaltsamer Ausschreitungen im Vorfeld der Partie spielten die Geschehnisse auf dem Platz allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Auch Steffen Baumgart konnte kaum fassen, was sich auf den Rängen zugetragen hatte.
Nach seiner Gelb-Roten Karte im Playoff-Rückspiel gegen Fehervar FC war Baumgart dazu gezwungen, das Spiel in Nizza von der Tribüne aus zu verfolgen. Diesem Umstand hatte es der FC-Trainer zu "verdanken", dass er unmittelbarer Zeuge der Ausschreitungen wurde, die nach jetzigem Kenntnisstand zu 32 Verletzten führten. Der 50-Jährige zeigte sich nach der Partie tief betroffen (via kicker).
"Das war einfach nur nackte Gewalt. Das ist beängstigend, wenn man relativ dicht dran steht. Meine Familie saß auf den Sitzen, wo sie vorbeigelaufen sind. Da geht einiges in einem ab", gab Baumgart Einblick in seine Gefühlswelt. Er sei Augenzeuge davon geworden, dass "ein junger Mann die Tribüne hinunterstürzte. Das bist du einfach nur geschockt. Das wird mich sehr lange begleiten."
Bei dem jungen Mann soll es sich nicht, wie zunächst angenommen, um einen FC-Anhänger, sondern um einen Pariser Fan, der sich im Gästeblock aufgehalten habe, handeln.
Zuvor hatte der Trainer noch versucht, Schlimmeres zu verhindern und auf die gewalttätigen Anhänger Einfluss zu nehmen - vergeblich: "Aber da war nichts möglich. Die Jungs, die hochgeguckt haben, haben durch mich durchgeguckt. Und danach sind wir in den VIP-Raum gegangen, um selbst geschützt zu sein."
Dass ihm in dieser dramatischen Situation vonseiten der UEFA keine Ausnahme gewährt wurde und er nicht zu seiner Mannschaft sprechen konnte, stieß beim Kölner Coach auf wenig Verständnis.
"Das wurde wegen der Gelb-Roten Karte abgelehnt, obwohl es eine Grenzsituation war", ärgerte er sich. "Daran sieht man, dass manche Leute nicht bereit sind, das Gehirn einzuschalten." Die Entscheidung gegen eine Spielabsage begrüßte Baumgart hingegen ausdrücklich: "Wenn alle unter diesen kurzfristigen Emotionen das Stadion verlassen hätten, wissen wir nicht, was noch passiert wäre."
Baumgart fordert "klare Aufarbeitung"
Die "Wut und Fassungslosigkeit", die an diesem Abend nicht nur der FC-Trainer verspürte, muss nun zu einer "klaren Aufarbeitung" führen, wie Baumgart betonte. Von Schuldzuweisungen wollte der ehemalige Bundesligaprofi nichts wissen, monierte aber trotzdem die fehlenden Sicherheitsvorkehrungen:
"Man fragt sich schon, warum die Situation so entstanden ist. Warum waren die Sektoren nicht abgegrenzt voneinander? Wir als Verein und auch die UEFA haben Nizza gesagt, dass das nicht ausreichend ist, was an Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurde. Und das hat man dann auch gesehen. Wie kann das möglich sein, dass Zugänge einfach so betreten werden können? Es ging auch schon vor dem Stadion los. Ich glaube, man hätte es verhindern können, wenn man die Dinge richtig angegangen wäre. Es haben genug Leute darauf aufmerksam gemacht, dass so etwas passieren kann."
Unabhängig davon, ob die französischen Gastgeber tatsächlich auch Verantwortung an den Krawallen tragen, muss sich der FC auf eine empfindliche Strafe einstellen. Den Geißböcken droht ein Auswärtsverbot für die eigenen Fans sowie ein Geisterspiel in Müngersdorf. Wann die UEFA das Strafmaß bekanntgibt, steht noch nicht fest.