Angst vor zweitem Modeste-Fall: Darum holte der 1. FC Köln Kruse nicht
Von Marc Knieper
Wenn der 1. FC Köln am Sonntagabend gegen Eisern Union um den ersten Sieg der laufenden Spielzeit kämpft, schweift der Blick von Cheftrainer Markus Gisdol insbesondere auf Berlins Leistungsträger Max Kruse. Die Domstädter nahmen den extrovertierten Profi im Sommer nach dessen Vertragsauflösung in der Türkei stark ins Visier, hielten letztlich aber doch Abstand von einer Verpflichtung. Zu stark schienen die Parallelen zur Causa um Anthony Modeste.
Als Kruse im Sommer von einer Rückkehr in die Bundesliga träumte und gar von erheblichen Gehaltseinbußen sprach, rückte er in den Fokus sämtlicher Chefrainer. Laut BILD allen voran in den Fokus von Effzeh-Coach Gisdol. Kruse sei "ein klasse Spieler, der bei jeder Mannschaft den Unterschied machen kann", ließ der 51-Jährige wissen. Am Rhein sollte Kruse den zu Schalke abgewanderten Mark Uth beerben.
Nachdem sich Coach und Spieler im Sommer gar zufällig in einem Kölner Café trafen, steigerte sich der Wechselwunsch beider Parteien. Dass Kruse letztlich doch in die Hauptstadt wechselte, lag dabei nicht an den Finanzen des Klubs oder etwa den kleineren (nächtlichen) Querelen des einstigen Nationalspielers, sondern einzig und allein an den zuvor negativen Erfahrungen der Domstädter.
Juristen schoben Riegel vor Kruse-Wechsel nach Köln
Die Kölner ließen die Streitigkeiten zwischen Kruse und dessen Ex-Klub Fenerbahce Istanbul juristisch prüfen und kamen zu dem Entschluss, das Risiko einer erneuten Hängepartie sei zu hoch. Mit der Verpflichtung zerstrittener Akteure hatte der Bundesligist im Jahr 2018 nämlich bereits schlechte Erfahrungen gesammelt. Als man Angreifer Anthony Modeste vom chinesischen Klub Tianjin Tianhai ablösefrei zurückholte, kämpfte man ganze drei Monate um die Spielberechtigung des Franzosen.
Ein solches Theater galt es unbedingt zu vermeiden. Weil Kruse seinen türkischen Klub wegen ausstehender Gehaltszahlungen verklagte, blockierten die Instanbuler zunächst die Freigabe des Mittelstürmers. Köln ließ schweren Herzens die Finger von Kruse. Union hingegen ging das Risiko ein, schlug Anfang August bei Kruse zu und erhielt vier Wochen später die nötigen Papiere und Dokumente zur Spielfreigabe des ehemaligen Werder-Profis.
Seither beweist Kruse in Berlin seine unglaublichen Fähigkeiten, die in der Tat den Unterschied ausmachen können. Mit acht Torbeteiligungen in sieben Ligaspielen trägt der Spielmacher maßgeblich zum starken Saisonstart der Fischer-Elf bei. Und auch abseits des Platzes ist Kruse weiterhin der Alte, sorgt hier und da für Furore und Aufsehen. Die Kölner dümpeln derweil auf Rang 16 herum, warten weiter auf den Durchbruch ihrer sechs Neuzugänge und müssen sich im Winter mangels Torgefahr nach Offensivkräften umschauen.