Der erste Abstieg für viele Schalke-Fans - ein Erlebnisbericht

Verkriechen wollten sich viele S04-Anhänger bereits über die letzten Monate
Verkriechen wollten sich viele S04-Anhänger bereits über die letzten Monate / Frederic Scheidemann/Getty Images
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Nach etwas über 30 Jahren steigt Schalke 04 erstmals wieder in die 2. Bundesliga ab - und das vier Spieltage vor dem Saisonende. Das alleine zeigt schon, wie verdient und vor allem vorhersehbar dieser Abstieg ist. Die Fans nehmen diesen Absturz unterschiedlich wahr.


Viele Fans und Mitglieder des FC Schalke 04 haben am Dienstagabend zum ersten Mal miterleben müssen, wie es sich anfühlt, wenn der Herzensverein absteigt. Auch bei mir ist es der erste Abstieg, den ich nun miterlebe. So viel vorweg: Es fühlt sich ziemlich beschissen an!

Das verlorene Spiel, das dieses Schicksal besiegelte, mit dem schon einige Wochen gerechnet wurde, hat auch gleich die zu dieser fürchterlichen Saison passenden Rahmenbedingungen geliefert. Anstatt zusammen, in der Veltins-Arena, umringt von Blau-Weiß abzusteigen, wo sich Tausende von Fans gegenseitig trösten können, bekam der S04-Fan: Ein Auswärtsspiel in Bielefeld, keine Zuschauer im Stadion, mitten in der Woche, gemischt mit einer mal wieder peinlichen Mannschaftsleistung.

Mehmet-Can Aydin
Die Niederlage in Bielefeld war auch für die S04-Spieler ein Schlussstrich / Frederic Scheidemann/Getty Images

Der Abpfiff und die Bilder unmittelbar danach haben bei einigen Fans nochmal für eine zusätzliche Portion Trauer, Wut oder Verzweiflung gesorgt. Überraschenderweise war das bei mir nicht ganz so. Der Moment des Realisierens, des Eingestehens dieses Absturzes, er war schon längst da gewesen. Wochenlang war klar: Schalke wir das rettende Ufer nicht mehr erreichen.

Der Abpfiff in Bielefeld unterstrich nur das Schalker Schicksal, das längst besiegelt war

Somit war diese Niederlage und der alles klar machende Schlusspfiff an sich eigentlich nur noch die Bestätigung dessen, was längst in Stein gemeißelt war. Nicht falsch verstehen: Natürlich fühlt sich dieser Abstieg beschissen an, selbstverständlich. Insbesondere in Kombination mit den Rahmenbedingungen, dem ganzen Saisonverlauf und den diversen Tiefpunkten - auf, wie neben dem Platz; sie alle verschlimmerten diesen Prozess noch.

Wirklich traurig ist aber, dass das Feststehen des Abstiegs bei vielen Anhängern - wie bei mir - nur noch mit Resignation und einer gewissen Leere aufgenommen wurde. Schließlich gab es schon zuvor keine Hoffnung mehr. Höchstens für die bemerkenswert positiv sturen Knappen, die wöchentlich den Tabellenrechner rauf und runter bemüht hatten. Für sie mag dieses Resultat noch ein größerer Schock gewesen sein.

Amine Harit
Am Ende die Gewissheit: Schalke ist abgestiegen / Frederic Scheidemann/Getty Images

Einige Fans werden vermutlich zustimmen, wie traurig es doch ist, dass man einen solch historischen Abstieg nur mit einem verächtlichen Kopfschütteln zur Kenntnis nimmt. Hätte mir das jemand vor wenigen Jahren vorhergesagt, ich hätte ihn wohl müde belächelt. Schalke steigt ab, und einige Anhänger nehmen so etwas nur noch mit einem traurigen Achselzucken wahr? Niemals, das ist nicht das Königsblau, das wir kennen!

Das war es in dieser Saison aber auch nicht. Peinlichkeiten hüben wie drüben, fünf verschiedene Trainer, fragwürdige Entscheidungen in sämtlichen Bereichen. Ein Verein, der vor Unprofessionalität nur so trieft. In anderen Worten: Der wohl verdienteste Abstieg aller Zeiten. Dass es kein enges Rennen war, mit Auf und Abs, mit Siegen hier und Niederlagen dort - das hat zum schlichten Akzeptieren beigetragen. Ohne Zweifel.

Dass einige Idioten, die sich nur selbst als "Fans" bezeichnen würden, meinten, anschließend noch Spieler attackieren zu müssen, das hat nochmal für eine ganz große Portion Enttäuschung gesorgt. Etwas, für das man sich genauso schämen muss, wie für den ganzen Verein in dieser Saison, inklusive der vergangenen Rückrunde.

So wirklich realisieren wird man diesen Abstieg mit all seinen Folgen wohl erst, wenn die Saison offiziell beendet ist. Wenn man statt nach München, nach Regensburg fahren muss. Wenn nach und nach klar wird, wie düster die Zukunft dieses so großen Vereins aussieht und welche Probleme noch alle aufkommen werden. Bis dahin ist der finalisierte Abstieg nur die rechnerische Bestätigung für das, was die Schalker seit einigen Wochen wussten.