90min-Spielerin des Monats Februar: Torjägerin Vanessa Fudalla im Porträt
Von Adriana Wehrens
Nachdem im letzten Sommer der historische erste Aufstieg von RB Leipzig in die Frauen-Bundesliga festgestanden war, wurden gleich hohe Erwartungen an den Aufsteiger gestellt - auch von eigener Seite. Vor Beginn der Saison sprach man noch von einem möglichen Mitspielen im Mittelfeld der Liga, die Realität sah dann jedoch lange etwas anders aus. Nach dürftigen Leistungen in den ersten elf Partien beendeten die Roten Bullen die Hinrunde auf dem zweiten Abstiegsplatz vor dem MSV Duisburg.
Eine Winterpause und ein Transferfenster später zeigten sich die Leipziger Spielerinnen auf einmal von einer ganz anderen Seite. Aus den ersten drei Rückrundenduellen holte die Mannschaft von Cheftrainer Şaban Uzun starke sieben Punkte - davon drei durch einen 2:1-Erfolg gegen die drittplatzierte Eintracht aus Frankfurt. Eine Spielerin, die in jeder dieser Partien einen Unterschied machen konnte, war Vanessa Fudalla.
Aktuell Zweite hinter Pajor: Jagd auf die Torjägerinnenkanone
Bereits in der vergangenen Saison wurde die treffsichere Außenstürmerin mit 20 Toren aus 19 Einsätzen zur Top-Torjägerin der 2. Frauen-Bundesliga. Spätestens zum aktuellen Zeitpunkt steht fest - Tore schießen kann Fudalla kann auch in der obersten Spielklasse. Derzeit liegt die gebürtige Nürnbergerin mit acht geschossenen Toren auf Platz zwei der Torschützenliste, zwei Treffer hinter Wolfsburgs Ewa Pajor. Allein im Februar kam die 22-Jährige auf fünf Treffer in nur drei Spielen, zwei Mal gelang ihr dabei gleich ein Doppelpack. Vanessa Fudalla steht bei RB Leipzig für eine Garantie auf Erfolg - jedes Mal, wenn die 1,53-große Angreiferin in dieser Saison getroffen hat, konnte die Mannschaft mindestens einen Punkt holen.
Die Schusstechnik ist eine der vielen Fähigkeiten, welche die flinke RB-Spielerin auszeichnen. Egal, ob aus der Distanz, nach einer Eins-gegen-Eins-Situation oder aus nächster Nähe im Strafraum, Fudalla findet erstaunlich häufig das richtige Timing und die nötige Präzision für einen Torerfolg. Nicht selten landete einer ihrer Bogenlampen-Schüsse - mittlerweile quasi ein Erkennungszeichen - hinter der Torlinie, da diese äußerst schwer für die gegnerischen Torhüterinnen einzuschätzen sind.
Besonders der linke Fuß der 22-Jährigen hat sich mittlerweile einen Namen gemacht: "Bester linker Fuß der Liga?", wurde beispielsweise ein erfolgreicher Abschluss der Stürmerin auf dem Leipziger Social-Media-Account betitelt. Tatsächlich schoss Fudalla sechs ihrer acht Tore mit dem linken Zauberfuß, die anderen beiden mit rechts.
Entscheidung für den Ball, gegen die Puppe
Der Weg von Fudalla begann in Nürnberg. Nicht nur ist die 22-Jährige dort geboren, sondern auch die frühen Fußball- und später die ersten Juniorinnen-Bundesliga-Erfahrungen sammelte sie dort. Über ihre Kindheit sagt die Nürnbergerin im 90min-Gespräch: "Ich habe sowohl eine Puppe bekommen als auch einen Ball und konnte dann entscheiden, was ich daraus mache. Ich habe mich dann für den Ball entschieden, was, glaube ich, eine gute Entscheidung war." Eine sehr gute Entscheidung - wie sich herausstellen sollte.
Mit dem Fußballspielen begann Fudalla bei der DJK Langwasser in Nürnberg. Über einige weitere Stationen landete die damals 14-Jährige bei den U17-Juniorinnen des FCN und konnte hier erste professionellere Luft im Mädchenfußball schnuppern. Es dauerte nicht lange, da machte Fudalla mit guten Leistungen und Toren auf sich aufmerksam. Dies blieb nicht lange unbeobachtet, denn schon nach dem zweiten Jahr in Nürnberg kam die Anfrage vom FC Bayern München. Fortan lief die Angreiferin zuerst bei der U17 des FCB, später für die zweite Mannschaft auf. In der Saison 2018/19 war sie maßgeblich beteiligt am Saisonabschluss an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Im darauf folgenden Sommer zog es Fudalla zunächst zum USV Jena, bis sie ein weiteres Jahr später bei Leipzig unterschrieb, die zu dem Zeitpunkt ebenfalls noch in der zweithöchsten Liga unterwegs waren.
Mit RB gelang es ihr in der vergangenen Saison erneut, die Meisterschaft in der 2. Frauen-Bundesliga zu holen. Jedoch bedeutete es in diesem Falle den Aufstieg, während das mit der zweiten Mannschaft des FCB einige Jahre zuvor nicht möglich gewesen war. Als Torschützenkönigin hatte die 22-Jährige einen maßgeblichen Anteil an dieser Leistung. In der höchsten Spielklasse macht Fudalla nun genau da weiter, wo sie eine Liga tiefer aufgehört hat.
Auf den Spuren von Messi: Klein und technisch stark
Wer Fudalla beim Fußballspielen zusieht, wie wendig die 1,53-große Offensivspielerin durch die Verteidigerreihen dribbelt, die Abschlüsse aus der Distanz und im Strafraum sucht und wie selbstverständlich ein Tor nach dem anderen schießt, den sollte es nicht wundern, wem sie nacheifert. "Ich habe früher immer auf Lionel Messi geschaut", erzählt die Leipziger Angreiferin, "weil er, was das Spiel angeht, mir ziemlich ähnlich ist: Er ist auch Linksfuß, klein, technisch stark mit einem super Abschluss, aber auch einer sehr guten Spielintelligenz. Ich habe immer zu ihm aufgeschaut."
Genau wie der männliche Superstar hatte Fudalla allerdings in ihrer Karriere auch schon häufiger mit ihrer Größe zu kämpfen. Trotzdem konnte sie das nicht aufhalten, ihrem Traum weiter nachzugehen, auch wenn es Personen in ihrem Umfeld gab, die ihr keine Chancen ausgerechnet haben: "Ich hatte Trainer, die haben an mich geglaubt. Ich hatte aber auch Trainer, die meinten, mit der Größe klappt das nicht oder mit meiner ganzen Statur wird das schwierig. Ich glaube aber, so etwas motiviert dann noch mehr." Mittlerweile habe die Leipziger Torjägerin gelernt, wie sie ihren Körper einsetzen und im Zweikampf gegen größere Gegnerinnen bestehen könne.
Im Vergleich zu Messi steht Fudalla jedoch noch relativ am Anfang ihrer Karriere. Für die Zukunft hat die 22-Jährige große Ziele.
Bald schon auf Torejagd für das DFB-Team?
Bereits in der Jugend durchlief die Leipziger Offensivspielerin sämtliche Juniorinnen-Nationalteams von der U15 bis zur U19 (eine weibliche U23 gibt es beim DFB nicht). Mittelfristig will sich Fudalla auch für die A-Nationalmannschaft empfehlen - eine starke erste Bundesliga-Saison samt Torerfolgen wäre das sicherlich kein schlechtes Empfehlungsschreiben. Davor steht aber erst einmal der Klassenerhalt mit Leipzig auf der To-Do-Liste der gebürtigen Nürnbergerin.
"Mein Ziel ist nach wie vor, mich in dieser Liga zu etablieren, zur Stammspielerin zu werden, und aufmerksam auf mich zu machen, um dann persönlich auch mal das Thema Nationalmannschaft anzugreifen", erklärt Fudalla.
Wenn sie mit dem Toreschießen in der Rückunde genauso weitermacht, wie in den letzten Spielen, sollte sowohl das Ziel des Vereins als auch ihr persönlicher Traum ein gutes Stück näher herangerückt sein.