UEFA-Präsident Ceferin nimmt VAR ins Visier!
Von Guido Müller
Videobeweis- und kein Ende. Kaum ein Wochenende vergeht, ohne dass die technische Neuerung in irgendeiner Weise für Gesprächsstoff sorgt. Dem will UEFA-Präsident Aleksander Ceferin nun ein Ende bereiten.
Dabei sträubte sich vor allem sein Organismus die technische Neuerung auch in der von ihm organisierten Champions League anzuwenden. Erst mit zwei Jahren Verspätung gegenüber der Bundesliga kommt der VAR nun auch in der Königsklasse zum Einsatz.
Die Diskussionen (durch und um ihn) sind dennoch nicht verstummt. Jetzt hat Ceferin in einem Interview mit dem englischen Daily Mirror (via Marca) angekündigt, neue Vorschläge zu sammeln. Bemerkenswert dabei war seine Aussage, dass aktuell "keiner die Regeln wirklich kennt".
Als Beispiel für viele problematische und schwierig zu bewertende Situationen nannte der Verbandsboss die mitunter nur milimeterweisen Abseitspositionen, die dann zu annulierten Toren führen (oder zum Protest wegen der Nicht-Annulierung, je nach Fallbeispiel).
"Gleiche Höhe"? Gibt es anscheinend nicht mehr!
"Es kann nicht sein, dass jemand im Abseits steht, weil er eine etwas längere Nase als sein Gegenspieler hat", sagte Ceferin mit etwas zugespitztem Duktus. Da die Nase aber ein Körperteil ist, mit dem man regulärerweise ein Tor erzielen kann, ist es eben manchmal nur eine Nasenlänge, die dafür sorgt, dass einem Tor - regelkonform - seine Anerkennung verweigert wird.
Was aus der früher bemühten "gleichen Höhe" geworden ist? Sie ist den kalibrierten Linien zum Opfer gefallen, mit deren Hilfe - so zumindest wird es suggeriert - bis auf den Milimeter genau bestimmt werden kann, ob eine Abseitsposition vorliegt oder nicht.
Dem Geist des offensiven Fußballs - der früher als Begründung für die Anwendung der "Gleichen-Höhe-Interpretation" herangezogen wurde, steht die jetzige Regel komplett entgegen. Deshalb plädiert Ceferin für eine Toleranzschwelle von 10 oder 20 Zentimetern.
Doch auch mit ihr würden die Diskussionen in der Zukunft nicht enden. Denn dann würde im gegebenen Einzelfall stundenlang darüber diskutiert werden, ob eben diese Toleranzmarge schon überschritten wurde oder nicht. Dass der Videobeweis angeblich nicht mehr aufzuhalten ist, hat Ceferin jedenfalls auch klar herausgestellt.
Entweder VAR wieder abschafffen oder "Challenges" einführen!
Meiner Meinung haben wir zum jetzigen Zeitpunkt zwei Möglichkeiten:
1. Zu sagen: Sorry, wir haben es versucht, müssen aber feststellen, dass der VAR, so wie wir ihn gerne hätten, technisch nicht umsetzbar ist. Also - Kommando zurück! Und alles wieder auf Anfang.
Oder, 2. Wir halten am VAR fest, führen aber eine Challenge-Lösung ein, wie sie in anderen Sportarten (Tennis, Hockey, American Football) seit Jahren recht erfolgreich praktiziert wird. Heißt: Jede Mannschaft darf pro Halbzeit zwei (oder vielleicht auch drei) Mal gegen eine getroffene Entscheidung Einspruch (Challenge) einlegen.
Die strittige Szene wird dann untersucht. Hat die Mannschaft Erfolg mit ihrem Einspruch, geht das Spiel mit der Annulierung der Entscheidung weiter. Hat sie jedoch unrecht mit ihrer Anfechtung, verwirkt sie für die zweite Halbzeit eine ihrer Einspruchsmöglichkeiten. Das ganze kann man noch entsprechend modifizieren, wäre aber vom Grundgedanken her die wohl fairste Lösung.
Sind alle Einspruchsmöglichkeiten einer Mannschaft verbraucht, muss sie die Entscheidungen, so wie sie der Platzschiedsrichter (in Union mit dem VAR) fällt, schlichtweg zu akzeptieren. Auch mit dieser Methode wird man nie zu hundertprozentiger Sicherheit (und Fairness) in den Entscheidungen kommen - aber man würde ihr zumindest näher kommen als zur Zeit.