Wichtig und doch umstritten: Emre Cans Rolle beim FC Liverpool

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Es gibt Spieler, die werden von den Fans vom ersten Tag an geliebt und es gibt Spieler, die haben es immer schwer. Zugegeben, es gibt auch Abstufungen dazwischen. Emre Can ist genau so ein Fall. Er bringt viele Attribute mit, die bei den Fans gut ankommen und trotzdem verlangten bis vor kurzem viele Reds-Anhänger einen Verkauf des 23-Jährigen. Doch wie kam es soweit und viel wichtiger: Wie steht es nun um seine Zukunft?

Sein Wechsel von Bayer Leverkusen zum FC Liverpool kam 2014 ein wenig aus dem Nichts und die Fans der 'Reds' hatten keine eingängige Meinung zum damals 20-jährigen Can. Doch ein ehemaliger Bayern-Akteur kann nur gut sein, oder? Am Anfang schien es nicht so. Im Mittelfeld konnte der bullige, aber auch technisch versierte Deutsche nicht wirklich mit starken Leistungen glänzen. Allerdings hatte der damalige Manager Brendan Rodgers eine Idee, mit der er Emre Cans Saison retten würde.

Er setzte seine Nummer 23 in einer Dreierkette als äußerer Innenverteidiger ein und schien eine perfekte Position für Can gefunden zu haben. Als einer der wichtigsten Spieler in einer Serie von zwölf ungeschlagenen Spielen konnte er die Zuneigung der Fans gewinnen.

In der kommenden Saison war die Dreierkette aber Geschichte und Emre Can kam wieder im Mittelfeld zum Einsatz. Durch seine oft kopflose Art verlor er aber wieder ein wenig das Vertrauen des 'Kop' und seiner Anhänger und die harte Arbeit der vergangenen Saison schien wie weggeblasen.

Es brauchte Jürgen Klopp um ihn wieder in die Spur zu bekommen. Dieser setzte ihn als defensivsten Mittelfeldspieler ein und auch eine lange Phase von unglaublich schwachen Leistungen brachte den heute 49-Jährigen nicht davon ab, seinen Landsmann dort zu forcieren. Wieder einmal konnte Can zum Ende der Saison hin das Wohlwollen der Fans mit starken Leistungen erobern.

Aber das Schicksal wiederholte sich. Zur Saison 2016/17 hatte sich Kapitän Jordan Henderson besser in Cans Rolle eingefunden und es musste wieder ein neuer Platz für eben jenen gefunden werden. Das hieß meist Bankplatz und wenn er dann kam, musste er die offensiveren Rollen von Georginio Wijnaldum oder Adam Lallana einnehmen. Beide, vor allem Letzterer, können das Pressing ihrer Mannschaft gut leiten und gerade Can fällt dies, eben mit seiner oft zu forschen Art, enorm schwer.

Die Fans hatten mit dem Deutschtürken erneut abgeschlossen und waren bereit ihn ziehen zu lassen. Etwas mehr als ein Jahr Vertrag und die Gespräche mit dem FC Liverpool waren zudem ins Stocken geraten, es sprach bei den Fans wenig für einen Verbleib.

Des einen Leid ist des anderen Freud: Durch die Ausfälle von Lallana und Henderson war Jürgen Klopp gezwungen den geborenen Frankfurter spielen zu lassen. Und Can wäre nicht Can, wenn er es zum Ende der Saison nicht wieder allein gezeigt hätte.

Nach einer kleinen Eingewöhnungsphase konnte er seine Stärken wieder besser ausspielen und seine Schwächen, wohl auch Dank des Trainerteams, besser kaschieren. Gerade gegen die bulligen, defensiv agierenden Mannschaften der unteren Tabellenhälfte, gegen die sich die 'Reds' so schwer tun, ist er eine Bereicherung geworden.

Seine gute Mischung aus Tempo und Kraft können eben jenen Mannschaften locker standhalten, am Boden wie in der Luft. Zudem ist eine seiner Schwächen nun besser eingebunden. Aus kopflosen Läufen in die gegnerische Formation wurden kluge Dribblings, die Chaos in den Reihen der Gegner verursachen.

Zusätzlich konnte der 23-Jährige seine Torgefährlichkeit hochschrauben und steht in dieser Saison bei vier Treffern, meist aus Distanzschüssen.

Bei einer baldigen Rückkehr von Adam Lallana und Jordan Henderson hat Emre Can wohl vorerst trotzdem keine Stammposition inne. Doch er hat gezeigt, welche zusätzlichen Optionen er bereit stellen kann und dass er, wenn ihn das Team braucht, zur Stelle sein kann.

Jürgen Klopp hat zuletzt bestätigt, man möchte den Vertrag des deutschen Nationalspielers definitiv verlängern und es sei auch nur eine Frage der Zeit, bis man sich einigen kann.

Das Vertrauen seines Trainerteams hat er also, dass der Fans (mal wieder) auch.

Es wird aber unabdingbar sein, eine echte Rolle für den Panzer im Mittelfeld zu finden und diese zu etablieren. Schließlich soll Emre Can mal über eine ganze Saison zeigen, was er denn am Kasten hat.

Für die kommenden Saison sieht es mit Champions-League-Fußball an der Anfield Road aktuell nicht so schlecht aus und die Erfahrung in England zeigt, dass man einen breiten Kader hierfür haben muss. Für Can wird es also auf jeden Fall genügend Einsätze geben.

Nun muss er nur mehr den endgültigen Schritt aus dem Talentstatus machen und zeigen, welch Führungsperson in ihm steckt. Denn eines ist klar: Ewig wird dieses Wechselbad der Gefühle nicht gut gehen.

Aber ich bin mir sicher, mit dem Förderer Jürgen Klopp und dessen Fußball hat er einen guten Nährboden, um seinem Potenzial gerecht zu werden. Und das kann man dem hart arbeitenden, sympathischen Emre Can auch nur wünschen.