3 Punkte zum 3. Advent - die Kritik zum lang ersehnten Sieg des HSV
Von Marcel Stummeyer
Endlich! Am Wochenende des 3. Advents darf der Hamburger Sport-Verein einen lang ersehnten Sieg feiern. Obwohl man sogar in Überzahl den Ausgleich gegen eine leidenschaftlich kämpfende Mannschaft vom SV Darmstadt 98 kassierte, war es erneut Simon Terodde, der mit einem Doppelpack für versöhnliche Stimmung sorgte. Es war keineswegs ein überragender Auftritt der Rothosen, aber am Ende zählen die drei Punkte, die sehr wichtig werden können und das Stimmungsbarometer zumindest für den Moment entspannen dürften.
HSV im Glück - Ex-HSVer Pfeiffer verpasst knapp
11 Spiele, 11 Tore - die Bilanz von Simon Terodde im Dress des HSV kann sich sehen lassen. Auch heute war es wieder die Nummer 9 der Rothosen, die ein Spiel im Alleingang entschied - Doppelpack Nummer fünf sicherte den Hanseaten einen extrem wichtigen Auswärtssieg, der zwar nicht unbedingt überzeugend war, auf die Moral des Teams aber einen hoffentlich positiven Effekt hat.
In der ersten Halbzeit präsentierte sich der HSV überhaupt nicht gut, Mit Glück ging es mit einem 0:0 in die Pause, denn Darmstadt hatte einige gute Möglichkeiten, in Führung zu gehen, vor allem in der 34. Minute, als der ehemalige Jugendspieler des HSV, Patric Pfeiffer das Tor um Zentimeter verpasste. Der HSV selbst war vor dem Tor der Gastgeber wenig zwingend. Zwar waren die Gäste spielerisch über weite Strecken bestimmend, gegen kompakt verteidigende Lilien fehlte jedoch - wie so oft - die zündende Idee.
Führung, Überzahl, Ausgleich - Sieg
Zu Beginn des zweiten Durchgangs brachte Daniel Thioune Oldie Aaron Hunt für den angeschlagenen und gelbverwarnten Klaus Gjasula, der sich in Darmstadt seine erste Verwarnung der Saison einheimste.
Der Wechsel schien Wirkung zu zeigen - fortan war ein roter Faden im Spiel der Rothosen zu erkennen, die die Hausherren zunehmend unter Druck setzten. Darmstadt verharrte ohne größere Not in Lauerstellung. Erst ein Strafstoß in der 70. Minute ließ die Rothosen jubeln. Der miserabel geschossene Hand-Elfmeter wurde vom Keeper der Lilien vorerst entschärft, im Nachschuss war Simon Terodde dann aber doch erfolgreich.
Dass der Hamburger SV mit Führungen so seine Probleme hat bewiesen die folgenden Minuten. Zwar sah Darmstadt-Verteidiger Patrick Herrmann in der 74. Minute die Ampelkarte, anstatt das Spiel von da an abzusichern, fing sich der HSV den überflüssigen Ausgleich in der 78. Minute ein.
Ohne Simon Terodde wäre es mit einem Sieg womöglich wieder nichts geworden, der Stürmer netzte allerdings kurz vor Schluss zum zweiten Mal und sicherte seiner Mannschaft damit den Sieg.
Die eingewechselten und oft kritisierten Bobby Wood und Bakery Jatta waren am Siegtreffer direkt beteiligt - für beide ein toller Nebeneffekt.
Überraschender Weise liefen die letzten Minuten ohne großartige Gefahr für das Tor des HSV ab, weshalb am Ende die drei Punkte mit in die Hansestadt genommen werden. Nicht schön, aber effektiv.
Die Bewertung der einzelnen Mannschaftsteile
1. Tor
Auch Sven Ulreich hat in den letzten Wochen nicht immer geglänzt und hatte sichtlich zu knabbern. Auch heute fand er sich nicht in seiner anfänglichen Form wieder, speziell in der Strafraumbehandlung und Spieleröffnung - dennoch darf sich auch der Ex-Bayer Kredite am Sieg ausrechnen. Beim zwischenzeitlichen Ausgleich war "Ulle" machtlos. Tobi Kempe traf das Leder nach toller Vorlage perfekt und buchsierte die Kugel unhaltbar in die Maschen.
2. Abwehr
Leistner und Ambrosius - ein Innenverteidiger-Pärchen das auch heute größtenteils stabil agierte. Besonders bei Standards wird es im Strafraum des HSV allerdings regelmäßig gefährlich - eine Gefahr, die definitiv unterbunden werden muss.
Ansonsten strahlte das IV-Duo wie gewohnt enorme Physis aus, die ihnen große Vorteile im Zweikampf verleiht und das Leder vom eigene Kasten fern hält. Beim Gegentor hätte die Zuteilung besser passen müssen, ein derartiger Schuss ist aber kaum zu bremsen.
Auf den Außen standen Josha Vagnoman und Tim Leibold. Der junge Vagnoman war auch heute viel aktiv und lieferte sich immer wieder verbissene Zweikämpfe mit seinen Gegenspielern. Perfekt ist noch lange nicht alles, die Spielzeit, die Vegnoman bekommt, wird ihm für die Zukunft helfen - vor hitzigen Duellen scheut sich der U21-Nationalspieler auf jeden Fall nicht.
Kapitän Tim Leibold feierte heute eine Prämiere - der letztjährige Vorlagengeber vom Dienst verzeichnete in Darmstadt seinen ersten Assist der Saison und einen der Marke "ultrawichtig". Zwar ist die Ballbehandlung des Linksaußen noch immer ungewohnt unsicher, die heutige Torvorlage dürfte dem Capitano aber neue Energie geben,
3. Mittelfeld
Klaus Gjasula und Moritz Heyer bildeten die letzte Bastion vor der Abwehr - während Heyer zwar blass, aber hauptsächlich fehlerfrei blieb, fing sich Gjasula eine Blessur im Nasenbereich zu, die ihm neben seinem Helm auch eine Maske verpassen könnte - die genaue Diagnose steht noch aus.
Zudem kassierte der Albaner seine ERSTE gelbe Karte der Saison - ein gutes Zeichen? Die Trendwende? Man wird es in den kommenden Wochen wissen.
Auf der Zehn wurde erneut Jeremy Dudziak postiert, der wie gewohnt stets bemüht war und vermehrt spielerische Lösungen suchte. Der Tunesier beschäftigte die Defensive der Lilien enorm, zwingend wurde es allerdings nicht immer, Teilweise scheint "Jerry" zu verspielt zu sein.
Khaled Narey und Manuel Wintzheimer besetzten die Außenpositionen. In der Anfangsphase rannte sich Wintzheimer oft fest und verlor damit das Spielgerät - im Laufe des Spiels entwickelte sich die Körperlichkeit des U21-Nationalspielers aber als wertvolle Waffe - in einigen Aktionen schirmte "Manu" den Ball gut ab und sicherte seinem Team damit den Ballbesitz.
Narey hingegen kam hauptsächlich über seine Schnelligkeit und versuchte, die Grundlinie zu beackern, um Bälle in den Strafraum zu bringen, was ihm nur bedingt gelang. Auch die Ecken des 26-jährigen verpufften oft ohne nennenswerten Effekt. Von Außen braucht der HSV dringend präzisere Impulse. Ein Narey in Bestform wäre für diese Aufgabe perfekt.
4. Sturm
Da war er wieder - Simon Torrodde. Dieser Typ ist einfach ein Phänomen und überlebenswichtig für den HSV. Mit seinem fünften Doppelpack sicherte der 32-jährige seinem neuen Arbeitgeber die drei Punkte.
Der Mittelstürmer kann sich glücklich schätzen, dass sein mieser Strafstoß vor seine Füße geklärt wurde und er nur noch einschieben musste - anders hätte diese Situation böse enden können.
Beim 2:1-Siegtreffer stand Terodde dann wieder genau da, wo man als Stürmer stehen muss. Im Rücken der Abwehr konnte der Torjäger mühelos seinen 11. Saisontreffer erzielen.
Sieg dank Terodde - ein Satz, den man in Hamburg oft hört.
5. Einwechselspieler
Daniel Thioune erschöpfte sein Wechsel-Kontingent am heutigen Samstag komplett. Bereits zur Halbzeit kam Aaron Hunt, der erneut für frischen Schwung im Spiel des HSV sorgte. Allerdings muss auch der Routinier dringend an seinen Standards arbeiten.
Bakery Jatta und Bobby Wood kamen bei Gleichstand in der 85. Minute. Beide waren am Siegtreffer beteiligt. Jatta spielte den Ball auf Wood, der wiederum auf Vorlagengeber Leibold legte - für beide eine gelungene Aktion, die ihnen sicherlich gut tun wird.
In der 90. Minute kam David Kinsombi und in der 92. Minute folgte Gideon Jung, um Zeit von der Uhr zu nehmen. Beide waren zu kurz auf dem Feld, um für einen Impuls zu sorgen. Ihre Einwechslungen schenkte dem HSV wichtige Sekunden.
Viel Kritik und Spott musste der Hamburger Sport-Verein in den vergangenen Tagen verarbeiten. Der heutige Sieg war nicht nur sportlich wichtig, sondern spielt für die Moral des Vereins eine große Rolle. Erster Sieg nach drei Spielen, Leibold mit seiner ersten Vorlage und Klaus Gjasula mit dem ersten gelben Karton - ein gutes Ohmen? Bis Weihnachten hat Daniel Thioune neun Punkte eingeplant - sechs davon warten in den kommenden Wochen auf die Rothosen. Trotz der vorweihnachtlichen Stimmung wird der HSV keine Geschenke seiner kommenden Kontrahenten erwarten dürfen.
Am kommenden Dienstag kommt der SV Sandhausen in den Volkspark. Mit Rückblick auf das letztmalige Aufeinandertreffen gibt es für das Thioune-Team einiges gutzumachen.