Neuer Trainer, früher Erfolg: Milan wendet Supercoppa-Finale spektakulär
Von Noah Piotrowiak
Milan konnte schon im Halbfinale gegen Juventus Turin überzeugen und zog nach einem 2:1 ins Finale des Supercups ein. Dort trafen sie auf Inter Mailand, die mit der Hoffnung auf den vierten Supercoppa-Titel in Folge nach Riad reisten, wo das Finale erneut ausgetragen wurde.
Auch abseits des Platzes zog das Derby della Madonnina zahlreiche prominente Gäste an, die den Weg in die Hauptstadt Saudi-Arabiens fanden. Italienische Fußballlegenden wie Alessandro Del Piero, Gianluca Zambrotta und Christian Vieri sowie viele weitere ehemalige Spieler und Berühmtheiten ließen es sich nicht nehmen, das Spektakel live von den Tribünen aus zu verfolgen.
Die Startaufstellungen der beiden Teams boten kaum Überraschungen. Bei Inter fehlte der angeschlagene Marcus Thuram, der durch Mehdi Taremi ersetzt wurde. Aufseiten von Milan übernahm Yunus Musah die Position von Ismael Bennacer.
Im Ballbesitz agierte Milan in einer Art 2-3-2-3-Formation. Die beiden Innenverteidiger Tomori und Thiaw übernahmen hauptsächlich den Spielaufbau, während die Außenverteidiger auf die Höhe des Sechsers vorrückten. Die vorderste Dreierreihe wurde mit zwei Achtern hinter ihnen aufgestellt, um die Offensive unterstützen zu können. Bei Inter sah man das übliche 3-5-2-System, bei dem Calhanoglu immer wieder im Spielaufbau zwischen die Innenverteidiger zurückfiel. Deutschlands U21-Nationalspieler Yann Bisseck rückte in Ballbesitzphasen als rechter Innenverteidiger auf die rechte Schienenposition im Mittelfeld, wodurch der nominelle rechte Wingback Dumfries mehr offensive Freiheiten erhielt.
Milan knüpfte nahtlos an die Schlussphase des Halbfinals gegen Juventus an und ließ Inter von Beginn an kaum zur Ruhe kommen oder längere Ballbesitzphasen aufbauen. Der neue Trainer Conceicao hat bereits deutlich gemacht, dass er eine höhere Intensität gegen den Ball priorisiert. Zudem schien es ihm gelungen zu sein, seine Mannschaft bestens auf das Spiel einzustellen. Die Rossoneri zeigten von der ersten Sekunde an eine hohe Einsatzbereitschaft und Entschlossenheit - Eigenschaften, die unter Vorgänger Fonseca oft vermisst wurden.
In der 35. Minute mussten die Nerazzurri einen Rückschlag verkraften, als der angeschlagene Calhanoglu ausgewechselt und durch Backup Asllani ersetzt wurde. Trotz des Verlusts des Schlüsselspielers gelang es Inter, kurz vor Ende der ersten Halbzeit in Führung zu gehen. Nach einem schnell ausgeführten Einwurf hatte Mkhitaryan viel Raum auf der linken Seite, spielte den Ball in die Mitte zu Taremi. Dieser bediente den mitlaufenden Lautaro Martinez, der nach einer geschickten Schusstäuschung eiskalt ins rechte untere Eck traf. Damit konnte Inter eine kurzzeitige Unordnung in Milans Defensive konsequent ausnutzen und die bis dahin ausgeglichene Partie zu ihren Gunsten kippen.
Kurz nach Beginn der zweiten Hälfte fiel direkt das nächste Inter-Tor: Verteidiger De Vrij schlug einen langen, mittelhohen Ball, den Taremi mit einer perfekten Brustannahme verarbeitete, bevor er ins rechte untere Eck abschloss.
Dennoch ließ sich Milan nach dem 0:2-Rückstand nicht aus der Ruhe bringen. Die Mannschaft agierte defensiv weiterhin sehr aufmerksam und setzte immer wieder offensive Ansätze. Schließlich brachte Conceicao Superstar Rafael Leao ins Spiel, was sich als entscheidender Schachzug erwies. Gemeinsam mit Christian Pulisic und Theo Hernandez, die beide eine herausragende Leistung zeigten, stellte Leao die Inter-Verteidigung vor eine Reihe von Problemen und brachte neuen Schwung in die Partie.
In der 52. Minute gelang Milan der Anschlusstreffer: Leao, der mit einer seiner ersten Aktionen bereits für Gefahr sorgte, holte einen Freistoß aus vielversprechender Position heraus. Theo Hernandez trat an und verwandelte den Freistoß direkt, indem er ihn links an der Mauer vorbei und neben den Pfosten ins Netz setzte. Dieser Treffer entfachte bei Milan spürbar neuen Elan und es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch.
In der 80. Spielminute fiel der Ausgleich: Leao bediente Hernandez, der auf der linken Außenbahn durchstartete, mit einem genauen Pass in den Lauf. Hernandez brachte den Ball in den Strafraum, wo Pulisic mit einem perfekten Gespür für die Situation vor allen anderen an den Ball kam. Mit herausragender Technik verwandelte er aus der Drehung ins lange rechte Eck.
In den letzten Minuten spürte man den Willen Milans, das Spiel noch in der regulären Spielzeit für sich entscheiden zu wollen - und genau das gelang ihnen: In der zweiten Minute der Nachspielzeit spielte Pulisic aus dem Halbfeld einen hervorragenden Ball auf Leao, der perfekt in den gegnerischen Sechzehner startete. Leao legte den Ball an Yann Sommer vorbei und der eingewechselte Tammy Abraham musste nur noch zum entscheidenden Treffer einschieben.
Die Sensation war perfekt: Sergio Conceicao gewinnt nach nicht einmal zehn Tagen im Amt seinen ersten Titel mit den Rossoneri. Während das Finale sportlich insgesamt ausgeglichen war, vermittelte Milan mehr den Eindruck, diesen Titel unbedingt holen zu wollen. So konnte Conceicao nicht nur mit Siegen gegen Juventus und Inter in sein neues Amt starten, sondern brachte der AC Mailand auch nach 30 Monaten wieder eine Trophäe. Mit diesem Supercup-Triumph zieht Milan zudem mit Inter in der Anzahl der Titelgewinne (8) in diesem Wettbewerb gleich. Conceicao legt damit den idealen Grundstein für eine erfolgreiche Amtszeit bei Milan, die nun ihren Fokus auf den Kampf um die Champions-League-Plätze in der Serie A richtet.