Kovac neuer BVB-Coach: Der richtige Mann zur richtigen Zeit - Ein Kommentar

Niko Kovac wird der neue Mann an der Seitenlinie des BVB, die Begeisterung der eigenen Fans hält sich in Grenzen. Doch die Dortmunder Fans tun gut daran, den neuen Mann nicht jetzt schon abzuschreiben, denn Kovac hat bereits bewiesen, dass er Probleme wie die des BVB eindrucksvoll lösen kann.
Niko Kovac
Niko Kovac / Oliver Hardt/GettyImages
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Niko Kovac wird nach diesem Wochenende neuer Cheftrainer von Borussia Dortmund und überraschenderweise soll der 53-jährige Kroate für seinen Job sogar mehr Zeit bekommen als zunächst erwartet. Kovac scheint keineswegs nur eine Not- oder Übergangslösung zu sein und wurde mit einem Vertrag über eineinhalb Jahre ausgestattet. Kovac soll den ins Straucheln geratenen BVB auf Kurs bringen, doch noch sind nicht alle Fans der Borussen davon überzeugt. Zeit, den Zweiflern etwas Mut zu machen.

Grundsätzlich ist es derzeit wohl eher schwierig, von den Dortmunder Fans viel Vertrauen in die Entscheidungen der Vereinsführung zu erwarten. Zu oft wurden sie vermeintlich von der eigenen Vereinsführung enttäuscht und waren mit vielen Entscheidungen der Dortmunder Bosse überhaupt nicht zufrieden - so auch jetzt mit Kovac. Die Skepsis an der Entscheidungsfindung ist nach dem sportlichen Abwärtstrend verständlich und die Sorge, dass der geliebte Verein noch tiefer im Chaos versinkt, groß, aber man sollte Niko Kovac nicht von vornherein verteufeln. In der aktuellen Situation scheint Kovac bei näherer Betrachtung durchaus Sinn zu machen, um die Probleme des BVB in den Griff zu bekommen. Dass er genau das kann, hat er bereits bewiesen.

Mit Niko Kovac bekommt der BVB keinen unerfahrenen Trainer. Allein in der Bundesliga stand der Ex-Profi 181 Mal an der Seitenlinie und lieferte dabei einen Punkteschnitt von 1,51 pro Spiel. Im Vergleich dazu liegen frühere BVB-Trainer wie Thomas Tuchel oder Marco Rose nur 0,17 Punkte im Schnitt über Kovac. Eintracht Frankfurt führte er zum Beispiel in seinen drei Jahren von Platz 16 und dem Abstiegskampf auf Platz acht und ins internationale Geschäft. Als Krönung gelang Kovac mit der Eintracht 2018 der Triumph im DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern München. Es war gleichbedeutend mit dem steilen Aufstieg der Adler in den letzten Jahren bis hin zur europäisch anerkannten und attraktiven deutschen Fußballaktie. Nebenbei erwähnt, fanden unter Kovac Spieler wie Ante Rebic oder Kevin Prince Boateng zu teils grandioser Form.

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Niko Kovac mit dem DFB-Pokal / TOBIAS SCHWARZ/GettyImages

Selbst in seiner ersten Saison als Bayern-Trainer konnte Kovac sofort liefern, gewann die deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal sowie den Supercup und legte in der Bundesliga einen Punkteschnitt von 2,29 auf den Tisch.

Mein bester Trainer? Kovac!

Auch bei seinem Engagement in Frankreich als Cheftrainer der AS Monaco konnte der Kroate auf Anhieb begeistern. Nachdem die Monegassen vor Kovac' Amtsantritt im Fürstentum jahrelang erfolgreich immer unter den Top-3 der Ligue 1 zu finden waren und zwischen 2012 und 2018 sogar zweimal Meister und zweimal Vize-Meister wurden, folgte in der Saison 18/19 ein enttäuschender Platz 17 und beinahe der Abstieg.

Ähnlich wie der BVB jetzt waren auch die Monegassen damals sportlich kaum wiederzuerkennen und landeten in der abgebrochenen Corona-Saison 2019/20 auf dem neunten Platz, was zu einem schnellen Ende (nach acht Monaten im Amt) des damaligen AS-Trainers Robert Moreno führte.

Als Kovac die AS zur Saison 2020/21 übernahm, machte er sie sofort wieder zu einem Spitzenteam der französischen Liga, spielte in seiner ersten Saison sogar lange um die französische Meisterschaft mit und erreichte das französische Pokalfinale. Am Ende landete er mit nur fünf Punkten Rückstand auf OSC Lille auf dem dritten Platz und stellte mit Monaco die drittgefährlichste Offensive der Ligue 1. In insgesamt 74 Spielen als Monaco-Coach kann Kovac einen Punkteschnitt von 1,95 Zählern pro Partie aufweisen und hinterließ im anspruchsvollen Fürstentum bleibenden Eindruck. Fürst Albert II. freute sich über den damaligen Aufschwung des ASM und lobte: "Ich denke, dass der Trainer, Niko Kovac, viel damit zu tun hat."

Aurelien Tchouameni, französischer Mittelfeldstar von Real Madrid und der Equipe Tricolore, schwärmte nach seinem Wechsel von Monaco zu den Königlichen in höchsten Tönen von Kovac. "Mein bester Trainer? Ohne Zweifel Niko Kovac! Als er nach Monaco kam, war ich ein Kind. Unter seiner Führung wurde ich ein Mann."

Auch der ein oder andere BVB-Jungstar dürfte unter der Führung des neuen Coaches einen großen Entwicklungsschritt nehmen. Felix Nmecha fällt mir da auf Anhieb ein. Ich lehne mich weit aus dem Fenster und behaupte, Nmecha wird unter Kovac steil gehen.

Aurelian Tchouameni und Niko Kovac
Aurelian Tchouameni und Niko Kovac / Xavier Laine/GettyImages

Kovac konnte also nicht nur in der Bundesliga, sondern auch bei einem anspruchsvollen und verwöhnten Traditionsverein im Ausland mit schwierigem Umfeld beweisen, dass er nicht nur Erfolg und Struktur zurückbringen kann, sondern ganz nebenbei auch noch Talente zu angehenden Stars mit internationalem Format formt.

Monegassische Stars, die neben Tchouameni damals unter Kovac in Monaco den nächsten Schritt machten, waren unter anderem auch Benoit Badiashile und Axel Disasi, die es beide zum FC Chelsea zog. Zudem arbeitete Kovac nicht nur mit vielversprechenden Jungstars, sondern auch mit alten Hasen von Weltformat. So gehörte auch Cesc Fabregas zum damaligen Kader von Monaco.

Die Dortmunder Fans können nun also gerne Vergleiche mit der AS Monaco ziehen und daraus die Hoffnung schöpfen, dass es mit ihrem so innig geliebten Verein eine ähnlich positive Wende gibt und es wieder aufwärts geht.

Kovac wird dem BVB geben, was er jetzt braucht

Die Chance des BVB unter Kovac liegt vielmehr in der klaren Art des neuen Trainers als in der fußballerischen Vision. Kovac fährt eine strenge Linie und ist dennoch bodenständig und volksnah. Er ist als Trainer bei Vereinen gereift, deren Umfeld keineswegs einfach ist, und weiß genau, an welchen Stellschrauben er ohne Rücksicht auf Namen und Reputation drehen muss, um eine funktionierende Mannschaft auf den Platz zu bringen.

Der BVB hat viel Potenzial im Kader, wirkte zuletzt aber nicht gerade wie eine funktionierende Einheit auf dem Platz. Genau dieses Problem soll und kann der ehemalige kroatische Nationaltrainer in den Griff bekommen und so dafür sorgen, dass der BVB zunächst vielleicht nicht mit dem atemberaubendsten Offensivfußball begeistert, dafür aber enorm schwer zu schlagen und zu bespielen sein wird. Am Ende sind es Punkte die zählen - von Schönspielerei kann sich in Dortmund niemand etwas kaufen. Der BVB muss nach Europa.

Kovac ist ein Trainer mit starker Bodenhaftung und Disziplin, das wird ihm auch bei der Borussia gelingen zu implementieren - und genau damit wird es Kovac am Ende auch gelingen, die Dortmunder Fans für sich zu gewinnen, die bald wieder ehrlichen, bodenständigen Arbeiterfußball erleben und feiern werden, womit auch die Basis für den nächsten Schritt gelegt wird.

Dieses gesunde Fundament aus Disziplin und der Bereitschaft, sich in jeder Situation für das Wappen auf der Brust zu zerreißen, ist genau das, was der BVB jetzt braucht - und das alles mit einem unaufgeregten, gestandenen Trainer, der die Liga bestens kennt, bereits Titel gewonnen und Teams aus der Krise geführt hat. Ohne den zuletzt auch kritisierten schwarzgelben Stallgeruch.

Er ist vielleicht nicht der gefeierte Held, den sich alle Schwarzgelben wünschen, aber er ist der Held, den Borussia Dortmund in diesem Moment braucht. Wie sagte einst schon Jürgen Klopp: "Es ist nicht wichtig, was die Leute über dich denken, wenn du kommst. Es ist wichtig, was die Leute von dir denken, wenn du gehst."

Also liebe BVB-Fans, gebt dem Neuen eine Chance!


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