Höhen, Tiefen und Abschiede bei den DFB-Frauen - Rückblick auf ein emotionales Jahr

Erfolge, Niederlagen, Abschiede und neue Gesichter bei den DFB-Frauen: Das Jahr 2024 hatte einiges zu bieten. Wir werfen einen Blick zurück.
Der Moment als Giulia Gwinn den Führungstreffer gegen Spanien erzielte
Der Moment als Giulia Gwinn den Führungstreffer gegen Spanien erzielte / Claudio Villa/GettyImages
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"Es war ein tolles Fußballjahr", resümierte Laura Freigang nach dem letzten Länderspiel des Kalenderjahres - und das, obwohl die DFB-Frauen gleich mal mit einer Niederlage gegen Frankreich ins Jahr 2024 starteten.

In der Finalrunde der UEFA Women's Nations League kämpfte die Auswahl des damaligen Interimsbundestrainers Horst Hrubesch um das Ticket für die Olympischen Spiele in Paris. Spoiler: Sie haben es geschafft. Durch die Halbfinalniederlage gegen die Gastgeberinnen aus Frankreich reichte der Sieg im Spiel um Platz drei für die Qualifikation. In Heerenveen sicherten Klara Bühl und Lea Schüller durch ihre jeweiligen Treffer das Olympia-Ticket. Sowohl in der Kurve als auch in der Kabine der Frauennationalmannschaft erklangen die Töne "Paris, Paris - wir fahren nach Paris!".

Kathrin Hendrich, Giulia Gwinn, Lena Oberdorf, Sjoeke Nusken, Alexandra Popp, Lea Schuller,, Klara Buhl, Marina Hegering,
Gemeinsam schafften die DFB-Frauen die Qualifikation für die Olympischen Spiele / BSR Agency/GettyImages

Doch bevor es in die französische Hauptstadt geht, stand die Qualifikation zur Europameisterschaft 2025 in der Schweiz auf dem Plan. Dabei trafen die DFB-Frauen im ersten Spiel auf Österreich und bereits dort zeigte sich die kleine Schwäche der deutschen Auswahl, die sich wie ein roter Faden durch das Jahr zog: das Verschlafen des Spielbeginns. Innerhalb der ersten 17 Minuten erspielten sich die Österreicherinnen eine komfortable 2:0-Führung, bevor Klara Bühl vor der Pause verkürzen konnte. Nach Wiederanpfiff rafften sich die Deutschen auf und konnten abermals durch Bühl und Gwinn mit 3:2 gewinnen. Das sollte nicht die einzige Partie sein, in der die DFB-Frauen Moral und Teamgeist bewiesen.

Die folgenden Spiele gegen Island und Polen konnten zwar mit kleinen Wacklern, aber dennoch relativ ungefährdet gewonnen werden. Am 4. Juni hatte die deutsche Auswahl dann beim Rückspiel in Polen die Chance, das EM-Ticket frühzeitig zu ziehen. Auch hier kassierten sie früh das Gegentor (12.) und taten sich über weite Strecken der ersten Halbzeit schwer. Doch ein Doppelpack von Lea Schüller und ein weiteres Tor von Klara Bühl sicherten den 3:1-Sieg und damit auch das Ticket zur Europameisterschaft 2025 - Deutschland qualifizierte sich als eine der ersten Nationen für das Turnier.

Stina Johannes
Geschafft: Die DFB-Frauen haben sich für die EM qualifiziert / Mateusz Slodkowski/GettyImages

Mit der 0:4-Packung im Rückspiel gegen Island musste die deutsche Elf die zweite Niederlage des Jahres hinnehmen. Nur vier Tage später sammelte sich das Team von Horst Hrubesch wieder und gewann mit 4:0 gegen Österreich. Der perfekte Abschied in Richtung Olympia vor heimischem Publikum also? Nicht ganz. In den letzten 20 Minuten der Partie setzte Mittelfeldmotor Lena Oberdorf zur Grätsche an - und riss sich das Kreuzband. "Es ist eine Situation, die du hundertmal machst im Training und dieses eine Mal hört man das Knacken und weiß sofort: Das war's", erklärte die Bayern-Spielerin später im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Verletzung einer der wichtigsten Leistungsträgerinnen war sowohl für ihre Mitspielerinnen, das Trainerteam als auch die Fans ein Schock und großer Dämpfer in der olympischen Aufbruchsstimmung.

Lena Oberdorf
Bilder, die im Gedächtnis bleiben: Der Kreuzbandriss von Lena Oberdorf / Selim Sudheimer/GettyImages

"Ich werde nicht nach Paris fahren, um mitzuspielen, ich will schon ins Endspiel", machte Horst Hrubesch vor den Olympischen Spielen deutlich. Um dieses Ziel zu erreichen, mussten die DFB-Frauen aber einige harte Brocken aus dem Weg räumen. Angefangen bei der Gruppe, die mit Australien, Sambia und den USA alles andere als ein Selbstläufer war. Während gegen die Frauen aus Down Under mit einem 3:0-Sieg im ersten Spiel ein wichtiger Grundstein gelegt wurde, musste die deutsche Elf in der darauffolgenden Partie gegen die Vereinigten Staaten extrem viel Lehrgeld bezahlen - 4:1 zugunsten der USA stand am Ende auf der Anzeigetafel. Doch davon ließen sich die Deutschen nicht demoralisieren und gewannen ihr letztes Gruppenspiel gegen Sambia souverän - diesmal zierte schlussendlich ein 4:1 zugunsten der DFB-Frauen die Anzeigetafel.

Als Gruppenzweiter ging die wilde Reise weiter: Im Viertelfinale warteten dann mit Kanada die amtierenden Olympiasiegerinnen auf das Team von Hrubesch. Die Partie wird vielen Fans noch in lebhafter Erinnerung geblieben sein: Nachdem keine Mannschaft über 120 Minuten hinweg ein Tor erzielen konnte, ging es ins Elfmeterschießen. Die Stunde der Ann-Katrin Berger hatte geschlagen: Zuerst hielt sie die Elfmeter von Ashley Lawrence und Adriana Leon und verwandelte dann selbst. "Das war tatsächlich mein erster Elfmeter, den ich selber geschossen habe. Aber als Torfrau weißt du, worauf du achten musst", gab die nervenstarke Torhüterin nach der Partie zu.

Ann-Katrin Berger
Der Moment als Ann-Katrin Berger die DFB-Frauen ins Halbfinale schoss / Eurasia Sport Images/GettyImages

So lebte der Traum Hrubeschs von der Finalteilnahme weiter. Doch im Halbfinale wartete niemand Geringeres als der Gruppenschreck USA auf die DFB-Frauen. Nachdem sie dort weit unter ihren Erwartungen geblieben sind, legten die Deutschen im Halbfinale einen ordentlichen Gang zu. Nachdem sich die DFB-Frauen über den Kampfgeist in die Verlängerung zitterten, sorgte Sophia Smith für den entscheidenden Siegtreffer und beförderte die deutsche Auswahl ins Spiel um Platz drei. "Ich kann den Mädels keinen Vorwurf machen", so Hrubesch nach der Partie.

"Wir wollen alles reinwerfen für eine Medaille", betonte Flügelstürmerin Klara Bühl vor dem kleinen Finale um Bronze. Das war auch nötig, denn dort trafen die DFB-Frauen ausgerechnet auf die amtierenden Weltmeisterinnen aus Spanien. Aufgrund einer guten defensiven Leistung beider Teams verlief die erste Hälfte noch torlos. In der 63. Minute wurde Giulia Gwinn dann im Sechzehner ungestüm von den Füßen geholt. Elfmeter für Deutschland. Gwinn selbst schnappte sich das Leder und verwandelte souverän zur 1:0-Führung. In der letzten Minute der Nachspielzeit erreichte die Spannung für die deutschen Fans ihren Höhepunkt: Nach einem Zweikampf zwischen Janina Minge und Lucia Garcia entschied die Schiedsrichterin auf Elfmeter für Spanien. Doch Ann-Katrin Berger bewies Nervenstärke und parierte den Strafstoß von Alexia Putellas. Kurz darauf ertönte der Schlusspfiff: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft sicherte sich die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen!

Spain v Germany: Bronze Medal Match: Women's Football - Olympic Games Paris 2024: Day 14
Bronze für die DFB-Frauen! / Claudio Villa/GettyImages

Emotionale Abschiede

Somit konnte sich Horst Hrubesch mit einer Olympia-Medaille von seinen "Mädels" verabschieden. Bereits etliche Monate zuvor stand für den 73-Jährigen fest, dass er sein Amt als Interimstrainer maximal bis zum Ende der Olympischen Spiele ausführen wird. "Wir freuen uns riesig für den Trainer, das rundet die Sache ab. Er bekommt ein Abschiedsgeschenk", freute sich Giulia Gwinn für Horst Hrubesch. Einen ausführlichen Rückblick zu Horst Hrubeschs zweiter Amtszeit bei den DFB-Frauen findet ihr hier.

Doch nicht nur für Hrubesch waren die Olympischen Spiele das letzte Turnier mit der deutschen Frauennationalmannschaft. Merle Frohms, Marina Hegering und Kapitänin Alexandra Popp sagten nach dem Turnier schweren Herzens 'Au Revoir' zur Nationalmannschaft. Alle drei hinterließen Lücken, die nur sehr schwer zu füllen sind. Bereits vor Olympia verkündete auch Svenja Huth ihren Rücktritt aus der Nationalelf. Auch die langjährigen Co-Trainer Britta Carlson und Thomas Nörenberg haben gemeinsam mit Hrubesch die DFB-Frauen verlassen.

Der Neuanfang unter Wück

Abschiede bedeuten aber auch immer Platz für etwas Neues. Die erste Veränderung wurde auf der Trainerbank sichtbar: Christian Wück nahm den Platz als Cheftrainer ein, an seiner Seite bekleiden Saskia Bartusiak und Maren Meinert das Amt der Co-Trainerinnen. Mit viel Spannung wurde das erste Länderspiel unter der Leitung des Unterfranken erwartet. Im Wembley-Stadion ging es gegen das englische Starensemble. Dort legten die DFB-Frauen los wie die Feuerwehr: Drei Tore in 25 Minuten schafften einen eigentlich komfortablen Vorsprung. Doch ein Doppelpack von Georgia Stanway vor der Pause verkürzte die Führung. Genauso wild wie die erste Halbzeit ging es auch nach Wiederanpfiff weiter. Viele Fehler prägten das Spiel beider Teams. Letztendlich konnten die DFB-Frauen aber mit 4:3 gewinnen. "Der Wück im Glück" titelten anschließend etliche Magazine.

Weniger glücklich dürfte Christian Wück nur drei Tage später gewesen sein: Mit 1:2 verlor seine Auswahl das Testspiel gegen Australien. Doch wie der Name schon sagt, wurden die Spiele von dem neuen Trainerteam hauptsächlich zum Testen genutzt. So durften im ersten Lehrgang unter Wück Lisanne Gräwe und Giovanna Hoffmann ihr Debüt feiern. Auch in der zweiten Abstellungsperiode nominierte der Bundestrainer einige neue Gesichter: Alara Şehitler, Sophia Winkler, Ena Mahmutovic und Cora Zicai durften alle ihr Länderspieldebüt geben - letztere erzielte beim überragenden 6:0-Sieg gegen die Schweiz auch gleich ihr erstes Tor im Trikot der DFB-Frauen. Im letzten Spiel des Jahres musste die deutsche Auswahl mit der 1:2-Niederlage gegen Italien einen kleinen Dämpfer hinnehmen.

"Wir geben alle alles, damit das zum Sommer hin eine runde Sache wird", erklärte Laura Freigang nach dem letzten Länderspiel des Jahres. Mit der Europameisterschaft steht den DFB-Frauen ein großes Turnier bevor. Ob es ihnen gelingt, das Kalenderjahr 2025 genauso erfolgreich zu gestalten wie 2024, wird die Zukunft zeigen.

Christian Wück, Linda Dallmann
Der Neue unter den DFB-Frauen: Christian Wück / Lars Baron/GettyImages

Das Jahr in Statistiken

Im Jahr 2024 absolvierte die deutsche Frauennationalmannschaft wettbewerbsübergreifend 18 Spiele. In zwölf konnten sie als Siegerinnen vom Platz gehen. Sechs Mal mussten sich die DFB-Frauen ihren Gegnerinnen geschlagen geben. Die frühzeitige Qualifikation zur Europameisterschaft und die Bronze-Medaille bei den Olympischen Spielen belegen ein erfolgreiches Jahr. Besonders nach der verkorksten Weltmeisterschaft und den daraus resultierenden Unsicherheiten war 2024 ein zufriedenstellendes Jahr. Natürlich gibt es noch einige Stellschrauben, an denen gedreht werden kann und muss - es wäre doch aber auch langweilig, wenn alles immer perfekt ist.