Hat der Kader des FC Bayern eine gute Größe?
Die Kaderplanung eines Vereins ist alles andere als einfach. Der Fußball wird immer schnelllebiger, Spielerinnen wechseln innerhalb der Liga und auch international und vor einer Saison weiß man auch nicht, auf welchem Niveau die einzelnen Spielerinnen spielen werden und ob Verletzungen dazu kommen. Keine leichte Aufgabe für die Leitung, die dafür verantwortlich ist, eine Mannschaft auf die Beine zu stellen, die in allen Wettbewerben konkurrenzfähig ist. Nicht zu klein, aber auch nicht zu groß - ein Mittelweg ist nicht leicht zu finden. Reicht der Kader des FC Bayern aus, um in allen drei Wettbewerben vorne mitzuspielen?
Insgesamt 27 Spielerinnen umfasst der Kader des amtierenden Meisters, doch seit Monaten fehlen den Münchnerinnen Spielerinnen und auch in den kommenden Wochen und Monaten muss Trainer Alexander Straus auf wichtige Akteure verzichten.
Überblick auf die verschiedenen Positionen:
Drei Torhüterinnen
Mala Grohs, Ena Mahmutovic und Anna Wellmann
Im Tor ist derzeit Mala Grohs die gesetzte Nummer eins, doch die noch junge Torhüterin leistet sich immer wieder Fehler und Unsicherheiten, die ein Spiel schnell zu Gunsten des Gegners kippen können. Im Sommer verpflichtete der FCB Ena Mahmutovic, die mit ihren 20 Jahren ebenfalls zu den Jüngsten im Kader gehört, in der vergangenen Saison aber immer wieder mit Glanzparaden glänzte. Kurz nach ihrem Wechsel verletzte sie sich jedoch und fiel für die ersten Wochen der Saison aus. Mittlerweile ist Mahmutovic wieder fit und stand bereits einige Male für die zweite Mannschaft des Vereins auf dem Platz.
In den kommenden Monaten könnte sich ein spannender Zweikampf um die Rolle der Stammtorhüterin im Tor der Münchnerinnen entwickeln. Die Verantwortlichen setzen im Tor auf junge Torhüterinnen, die sich sicherlich den einen oder anderen Patzer mehr erlauben dürfen als manch erfahrene Torhüterin, doch sowohl Grohs als auch Mahmutovic haben das Potenzial, sich zu Weltklassetorhüterinnen zu entwickeln.
Zehn Verteidigerinnen
Linda Sembrant, Glódís Viggósdóttir, Magdalena Eriksson, Tuva Hansen, Giulia Gwinn, Tainara, Ana Guzmán, Katharina Naschenweng, Magou Doucouré und Carolin Simon
Auf dem Papier ist der FC Bayern in der Abwehr sehr gut besetzt, doch in der Realität sieht es aufgrund der vielen Ausfälle anders aus. Zwar haben die Münchnerinnen trotz der vielen Ausfälle in der Abwehr immer noch eine starke Defensive, doch bei weiteren Ausfällen kann es hinten schnell eng werden. Gerade in der letzten Saison zeichnete die starke Abwehr die Mannschaft um Giulia Gwinn aus. In dieser Saison wackelt die Defensive häufiger und die Münchnerinnen spielen kaum ein Spiel zu Null.
Zu den Ausfällen gehört Tainara, die seit fast einem Jahr kein Spiel mehr für den Meister bestritten hat. Auch Katharina Naschenweng wird ihrem Team in den nächsten Monaten noch weiter fehlen. Mit Magdalena Eriksson fehlte den Bayern in den letzten Wochen zudem eine wichtige Stütze in der Innenverteidigung. Außerdem kehrte mit Carolin Simon eine Spielerin zurück, die nach einer schweren Verletzung (Kreuzbandriss) sicherlich nicht jedes Spiel über die volle Distanz bestreiten kann. Magou Doucouré wurde ebenfalls neu verpflichtet, kam aber noch zu keinem Einsatz in der ersten Mannschaft und auch Ana Guzmán hat seit ihrer schweren Verletzung noch nicht für die erste Mannschaft gespielt.
Bei weiteren Ausfällen könnte sich die Situation in der Abwehr der Münchnerinnen verschlechtern. Bisher konnten die Ausfälle gut kompensiert werden. Vor allem Tuva Hansen hat in dieser Saison schon als Rechtsverteidigerin, Innenverteidigerin und Linksverteidigerin gespielt und ist damit eine echte Allzweckwaffe.
Acht Mittelfeldspielerinnen
Lena Oberdorf, Linda Dallmann, Sydney Lohmann, Alara Şehitler, Julia Zigiotti Olme, Sarah Zadrazil, Samantha Kerr und Georgia Stanway
Bis auf Lena Oberdorf stehen dem FCB derzeit alle Mittelfeldspielerinnen zur Verfügung, auch wenn Alara Şehitler erst langsam an die erste Mannschaft herangeführt wird und nur selten zum Einsatz kommt. Die 17-Jährige gehört noch zu den Jüngsten im Kader, doch wenn sie die Chance bekommt, zeigt sie bereits ihre Qualitäten. Im letzten Bundesligaspiel gegen Bayer Leverkusen erzielte die junge Spielerin den Siegtreffer und sicherte ihrer Mannschaft damit drei wichtige Punkte. In den kommenden Jahren wird sie sicherlich eine immer wichtigere Rolle in der Mannschaft spielen.
Im defensiven Mittelfeld setzt Straus gerne auf Sarah Zadrazil und Georgia Stanway, die ein eingespieltes Team bilden. Über die beiden Säulen im Spiel der Münchnerinnen läuft fast alles. Während Zadrazil eher die Drehscheibe zwischen Abwehr und Mittelfeld ist, setzt vor allem Stanway auch gerne offensive Akzente. Die Engländerin und die Österreicherin sind unverzichtbar für die bayern. Zadrazil fehlte zuletzt einige Spiele und man merkte sofort, dass eine wichtige Komponente im Spiel fehlte. Linda Dallmann und Sydney Lohmann setzten vor allem in der Offensive Akzente und mit Lena Oberdorf steht den Münchnerinnen eine weitere Weltklassespielerin im Mittelfeld zur Verfügung, sobald sie wieder fit ist.
Sechs Angreiferinnen
Jovana Damnjanović, Lea Schüller, Klara Bühl, Franziska Kett, Pernille Harder, Weronika Zawistowska
In der Offensive ragen Lea Schüller, Klara Bühl und Pernille Harder heraus. Die drei Angreiferinnen sind der Alptraum jeder Abwehr und sorgen regelmäßig für Euphorie bei den Bayern-Fans. Schüller kam in dieser Saison allerdings noch nicht auf ihre gewohnten Einsatzminuten, da die Stürmerin derzeit noch nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte ist. Auch Zawistowska kam nach einem Kreuzbandriss nur selten zum Einsatz. Franziska Kett ist eine weitere junge Spielerin, die noch an die erste Mannschaft herangeführt wird und daher nur selten zum Einsatz kommt.
Die Qualität in der Breite ist noch nicht so hoch, wie bei anderen Vereinen
Auf dem Papier ist der Kader mit 27 Spielerinnen nicht zu klein und gut besetzt. Klar ist aber auch, dass es bei mehreren Ausfällen auf einigen Positionen eng werden kann und die Qualität nicht immer eins zu eins zu ersetzen ist. Im Vergleich dazu hat der FC Barcelona mit 22 Spielerinnen weniger zur Verfügung, aber im Durchschnitt eine höhere Gesamtqualität. Der FC Chelsea hat zwei Spielerinnen mehr im Kader als der FC Bayern und ist vor allem in der Offensive mit zehn Spielerinnen breiter aufgestellt.
Ein Team kann nicht nur aus 25 Superstars bestehen. Es kommt auf die richtige Mischung an. Dazu gehören die sogenannten Superstars, aber auch die jungen, aufstrebenden Spielerinnen, die erfahrenen und auch die, die weniger Spielzeit bekommen. Besonders wichtig ist wohl, dass alle ihre Rollen kennen und im besten Fall auch akzeptieren. Das ist in den meisten Vereinen nicht einfach, da jeder aus sportlichen Gründen um einen Stammplatz kämpft, was auch den internen Konkurrenzkampf, der in einer Mannschaft wichtig ist, anheizt. Auch sollte sich niemand zu sicher fühlen. Oft hängt auch viel vom Trainer ab, im Fall des FC Bayern von Alexander Straus.
Mannschaft und Trainerteam loben immer wieder den engen Zusammenhalt im gesamten Verein, der auch in der Dokumentation ("Mehr als 90 Minuten") immer wieder deutlich wird. Ein zu großer Kader mit der falschen Balance kann zu Unzufriedenheit bei den Spielerinnen führen, ein zu kleiner Kader zu großer Erschöpfung. Der FC Bayern scheint die richtige Mischung gefunden zu haben. Dass die Qualität noch nicht auf allen Ebenen so hoch ist wie bei Chelsea und Barcelona, ist sicherlich ein Punkt, den man in Zukunft noch weiter Verbesser kann, aber mit der richtigen Einstellung, der richtigen Rotation und einem Quäntchen Glück bei den Verletzungsproblemen kann der FC Bayern in allen drei Wettbewerben vorne mitspielen. Eintracht Frankfurt spielt in diesem Jahr nicht international, was ihnen im Meisterschaftskampf zu Gute kommen kann. Erst die nächsten Monate werden zeigen, wie gut die Bayern mit der großen Belastung zurecht kommen werden.
In den nächsten Jahren werden immer mehr Spiele hinzukommen. Dann müssen sich die Verantwortlichen überlegen, ob sie den Kader und die Qualität weiter aufstocken, um das Niveau zu halten. Da der FC Bayern in guten Händen zu sein scheint, wird der Verein sicher einen Weg finden, die nächsten Herausforderungen gut zu meistern und die besondere Bindung untereinander nicht zu verlieren.
Weitere Frauenfußball-News lesen: