FC Bayern: Warum Kimmich (k)ein Kandidat für rechts hinten ist
Von Dominik Hager

Bayern-Coach Vincent Kompany hat sich bereits in der Sommerpause darauf festgelegt, Joshua Kimmich vorrangig als Mittelfeld-Leader auflaufen lassen zu wollen. Bislang ging der Schachzug blendend auf, weil der 30-Jährige seine Form wiedergefunden hat und eine bis jetzt ganz starke Saison spielt. Folgerichtig stellte sich die Frage eigentlich gar nicht mehr, ob Kimmich als Rechtsverteidiger nicht hilfreicher sein könnte.
Nun haben jedoch die Länderspiele der DFB-Elf gegen Italien einmal mehr gezeigt, wie stark der Bayern-Star auch auf der Rechtsverteidiger-Position ist. Kimmich präsentierte sich als Flankengott und war an allen fünf Toren der deutschen Mannschaft in den beiden Länderspielen direkt beteiligt. Angesichts der überragenden Performances von Kimmich rechts hinten, könnte sich die Überlegung doch nochmal lohnen, ob er auch beim FC Bayern wieder diese Position bekleiden sollte.
Bayern-Rechtsverteidiger verkörpern keine Weltklasse: Kimmich wäre deutliches Upgrade
Kimmich wäre ohne Frage der mit Abstand beste Rechtsverteidiger bei den Münchnern. In der laufenden Saison kam hier meist Konrad Laimer zum Einsatz, jedoch erhielten auch Raphael Guerreiro, Josip Stanisic und Sacha Boey Spielzeit. Laimer erledigte seine Sache bis jetzt ordentlich und tut den Münchnern mit seiner Dynamik und Laufstärke gut. Zudem hat sich auch Stanisic nach seiner Verletzung solide präsentiert. Auf absolutem Spitzen-Level wird es für beide aber eher eng. Der Weltklasse-Kategorie gehören beide definitiv nicht an, weil Laimer technisch zu limitiert ist und Josip Stanisic keine besonders herausstechende Fähigkeiten offenbart.
Mit Kimmich bekämen die Münchner einen Rechtsverteidiger, der vor allem durch seine Flankenstärke für Torgefahr sorgen kann. Bislang konnten sich kopfballstarke Spieler wie Harry Kane und der wiedererstarkte Leon Goretzka maximal über präzise Flanken von Michael Olise freuen. Ansonsten lieferten Laimer, Davies, Sané und Coman eher selten verwertbare Hereingaben auf Kopfhöhe. Kimmich versteht es zudem äußerst gut, auch als Rechtsverteidiger Einfluss auf das Spiel zu nehmen und als Kreativposten Akzente zu setzen. Auch das sind Fähigkeiten, die die anderen Kandidaten nicht wirklich vorweisen.
Pavlovic-Ausfall macht Kimmich-Verschiebung fast unmöglich
Sollte Vincent Kompany nun also reagieren und Kimmich mit sofortiger Wirkung wieder auf die rechte Seite verfrachten? Zumindest würde sich das zum aktuellen Zeitpunkt äußerst schwierig gestalten. Mit Aleksandar Pavlovic fehlt aktuell ein Spieler im Mittelfeld, der fußballerisches Können, strategische Fähigkeiten und ein ganz starkes Passspiel aufweist. Bleiben in erster Linie also nur noch Palhinha & Goretzka als mögliche Variante auf der Doppel-Sechs übrig. Dies wäre aber zumindest in 90 Prozent der Spiele keine Variante, die den Bayern sonderlich gut zu Gesicht stehen würde.
Zwar könnten sich beide den Raum aufteilen, weil Palhinha eher tief agiert und Goretzka gerne auch den Weg nach vorne sucht, jedoch fehlt es dem Duo einfach an fußballerischen Qualitäten. Der FC Bayern findet sich fast immer in der Situation wieder, das Spiel gestalten zu müssen. Stehen dann zwei Mittelfeldspieler auf dem Platz, deren Stärke definitiv nicht das Aufbau- und Passspiel ist, lahmt das Offensivspiel praktisch automatisch. Nur in den Partien gegen die absoluten Größen des Weltfußballs könnte ein solches Duo zumindest auswärts Sinn ergeben, wenn man verstärkt auf Konter setzen möchte. Defensiv wäre das Duo schließlich schon sehr stark.
Dennoch müsste man sich die Frage stellen, ob es vertretbar wäre, ausgerechnet in solch wichtigen Spielen eine solch wesentliche Veränderung vorzunehmen. Kimmich fühlt sich als Mittelfeldspieler, hat als solcher den Bayern gute Dienste geleistet und seinen Vertrag verlängert. Es wäre ein gewagter Schritt, Kimmich als Mittelfeld-Leader mitten in der Saison wieder munter umherzuschieben. Folgerichtig kann man eigentlich nur zum Ergebnis kommen, dass Kimmich in der laufenden Saison Mittelfeldspieler bleiben sollte, sofern Laimer und Stanisic halbwegs performen.
Kimmich 2025/26 wieder hinten rechts? Goretzka & Pavlovic könnten regeln
Mittelfristig gestaltet sich die Situation aber ein klein wenig anders. Erreicht der aktuell am Pfeifferischen Drüsenfieber erkrankte Pavlovic wieder sein Top-Level, muss sich Kompany im Sommer so seine Gedanken machen. Während die Kombi Goretzka & Palhinha für die Bayern wie erwähnt unvorteilhaft wäre, könnte Pavlovic sehr gut neben einem der beiden funktionieren. Insbesondere an der Seite von Leon Goretzka könnte man sich den Youngster gut vorstellen, weil sie sich in ihren Fähigkeiten genau ergänzen. Ein solches Duo wäre nicht nur für die DFB-Elf in Hinblick auf die WM 2026 interessant, sondern auch für den FC Bayern.
Pavlovic bekäme auf diese Weise auch die Chance, schneller in eine Leader-Rolle hineinzuwachsen, was langfristig noch wertvoll werden könnte. Man darf auch nicht vergessen, dass mit Tom Bischof im Sommer ein weiterer Mittelfeldspieler hinzukommen wird. Dies bedeutet, dass eigentlich einer aus Goretzka und Palhinha gehen müsste. Rückt Kimmich aber auf die Rechtsverteidiger-Position, würde es eher Guerreiro und Boey treffen, was durchaus sinnvoll erscheint. Klar ist auch, dass man im Fall des Falles leichter einen Top-Mittelfeldspieler als einen Top-Rechtsverteidiger bekommen würde. Diese sind einfach rar gesät. Möchten die Bayern elf Weltklasse-Spieler auf dem Platz zusammenbekommen, wäre es leichter, Kimmich hinten rechts aufzustellen.
Mögliche Kimmich-Versetzung hängt von (zu) vielen Faktoren ab
Es gibt also durchaus plausible Gründe dafür, im kommenden Sommer darüber nachzudenken, Kimmich nach rechts zu beordern. Wie sinnvoll dieser Schritt dann aber wirklich wäre, hinge von zahlreichen Faktoren ab. Ein ganz entscheidender davon ist, wie stabil Pavlovic gesundheitlich über die Runden kommt und wie schnell er noch mehr Verantwortung schultern kann. Zudem gilt es abzuwarten, ob Goretzka sein aktuelles Level halten kann und Palhinha überhaupt noch so richtig beim FC Bayern ankommt.
Das zentrale Mittelfeld ist die entscheidendere Position als die Rechtsverteidigung. Demnach müsste der Qualitätsverlust durch das Verschieben von Kimmich nur sehr gering sein, was nur möglich wäre, wenn die anderen Kandidaten in Topform auflaufen. Zudem hängt die Positionsfrage auch davon ab, ob Kimmich sein ohnehin schon eher mittelmäßiges Tempo in den jungen 30ern halten kann und wie er selbst zu dem Thema steht. Es macht wenig Sinn, Kimmich langfristig gebunden zu haben und wohl auch als künftigen Kapitän zu sehen, um ihn dann mit einer möglicherweise unbefriedigenden Rolle zu verärgern.
Demnach könnte es am Ende doch der leichtere Weg sein, die Augen auf dem Markt offen zu halten und im richtigen Moment bei einem der wenigen Top-Rechtsverteidiger zuzuschlagen. Hier hat man zumindest auch keine unbedingte Eile, weil Laimer und Stanisic ihren Job bis dahin solide erledigen würden.
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