Droht Sahin das Aus? Das sagt BVB-Sportchef Ricken

In Dortmund herrscht zu Beginn des Jahres wieder heftige Krisenstimmung. Die Verantwortlichen nehmen nach dem Debakel in Kiel kein Blatt vor den Mund. Wackelt jetzt Trainer Nuri Sahin? BVB-Sportchef Lars Ricken wurde nach dem 2:4 deutlich.
Nuri Sahin
Nuri Sahin / Sebastian El-Saqqa - firo sportphoto/GettyImages
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Mit einem einzigen Auswärtssieg und lediglich 25 Punkten beendet Borussia Dortmund die schlechteste Bundesliga-Hinrunde seit zehn Jahren im Bestfall auf Rang neun. Sollte Werder Bremen am Mittwoch im Heimspiel gegen Heidenheim mindestens einen Punkt holen, rutscht Schwarzgelb sogar auf Rang zehn ab.

Bis zu acht Punkte könnten die Champions-League-Ränge nach der ersten Saisonhälfte schon weg sein. Für die Dortmunder Ansprüche indiskutabel. So wie die Leistung bei Bundesliga-Neuling Kiel, als man schon zur Halbzeit mit 0:3 hinten lag. Nach der 2:4-Pleite sprachen die Verantwortlichen deshalb auch Klartext. Allen voran Sport-Geschäftsführer Lars Ricken, der sich auch zur Zukunft des Trainers äußerte.

Ricken stellt sich hinter Sahin - und die Mannschaft an den Pranger

"Die erste Halbzeit war unwürdig", lederte Ricken am Sky-Mikrofon los. "Die Tabelle spricht da eine deutliche Sprache. Wir haben Top-Spieler mit Top-Fähigkeiten. Sie haben alle Möglichkeiten, wir haben ein selten großes Trainerteam, wir haben zu Hause immer über 80.000 Fans im Stadion. Hier an einem Dienstagabend ist unser Block auch wieder voll und wir bekommen alle Unterstützung. Nur die Bereitschaft, das auch wirklich wertzuschätzen und das auch abzurufen, sieht man leider nicht", so Ricken weiter.

"Nuri steht nicht zur Disposition."

Lars Ricken, Sky

Trotz der nächsten Grusel-Vorstellung der Mannschaft will Ricken aber vorerst weiter an Sahin festhalten: "Nuri hat vor dem Spiel die Mannschaft nicht nur taktisch, sondern auch emotional hervorragend eingestellt. Wir fliegen jetzt direkt von Kiel nach Frankfurt. Wir müssen alles dafür tun, dass wir dort punkten. Nuri steht nicht zur Disposition. Die Diskussion brauchen wir jetzt hier auch gar nicht führen. Wir werden die Mannschaft in die Pflicht und Verantwortung nehmen, zumindest dieses Spiel zu gewinnen."

Zum Rückrundenstart geht es für den BVB schon am kommenden Freitag weiter. Dann wartet das nächste Auswärtsspiel auf Schwarzgelb - gegen den Tabellendritten Eintracht Frankfurt.

Nicht ausgeschlossen, dass das Duell gegen die SGE trotz der Beteuerungen von Ricken eine Art Endspiel für Sahin ist. Zumindest dann, wenn sein Team erneut nicht die passende Einstellung an den Tag legt. Ricken wollte am Dienstag vor allem die Mannschaft in die Pflicht nehmen. "Wenn Spieler glauben, dass sie etwas Besonderes sind - und ich glaube, es ist etwas Besonderes für Dortmund zu spielen - dann ist es mit solchen Spielen einfach peinlich und beschämend und auch unwürdig, wie wir die schwarz-gelben Farben präsentieren", machte er deutlich.

Sahin sieht "beschämenden" BVB-Auftritt

Sahin selbst scheint sich seiner Lage bewusst: "Wer acht Punkte Rückstand auf die Champions-League-Plätze hat, darf nicht über die Champions League reden. Unsere Realität ist eine andere. Dadurch, dass ich der Trainer bin, trage ich die komplette Verantwortung. Das ist völlig klar, dass man auch über den Trainer diskutiert", hielt er fest.

Und weiter: "Davon kann ich mich nicht freireden. Die letzte Person, an die ich jetzt denke, bin ich selbst. Ich bin sprachlos, ich bin fassungslos, wie wir so eine Leistung bringen können. Es geht mir 0,0 um mich, es geht mir um Borussia Dortmund, um die Leute, die es gut meinen mit diesem Verein, und dass ich es als Verantwortlicher noch nicht geschafft habe, diese Mannschaft so spielen zu lassen, wie gewünscht."

"Es ist meine Verantwortung. Es ist absolut beschämend."

Nuri Sahin, Sky

Die Kraft, um die Wende zu schaffen habe er, versicherte Sahin: "Ich habe die Kraft, darum geht es nicht. Glauben Sie mir, ich bin stark genug. Ich habe in meinem Leben schon so viel erlebt. Dass es mich trifft, dass ich traurig bin, dass ich emotional bin, ist völlig klar. Ich habe fast alles in meinem Leben, diesem Verein zu verdanken. Ich weiß, es klingt melancholisch, aber ich bin stark. Darum muss man sich keine Sorgen machen, aber ich weiß, wie der Fußball läuft. Der Fußball ist ein Ergebnissport, ich werde an Ergebnissen gemessen, weil ich die komplette Verantwortung trage. Da gibt es nichts hinzuzufügen."

Seine Spieler scheinen derweil ratlos zu sein. "Wir haben den Ball nur hin und her geschoben. Eigentlich sind wir immer gut vorbereitet auf das Spiel, aber auf dem Platz bekommen wir das nicht hin", meinte Emre Can nach dem Spiel. Der BVB-Kapitän betonte, dass es nicht an Sahin liegen würde. "Ich möchte hier aber noch mal ausdrücklich betonen: Es liegt nicht am Trainer. Wir Spieler sind dafür verantwortlich. Es ist immer einfach zu sagen, wenn es nicht läuft, dass es am Trainer liegt. Wir Spieler, ich ganz vorne, die heute auf dem Platz gestanden haben, das geht nicht! Wir können nicht so Fußball spielen!"

Das Debakel in Kiel rief derweil auch die internationale Presse auf den Plan. In Spanien, der Schweiz und Österreich wird ein düsteres BVB-Bild gezeichnet.

AS (Spanien): "Sahin in Gefahr! Dortmund verlor nach einer beschämenden ersten Halbzeit gegen den Tabellenvorletzten Kiel. Die Zukunft des Trainers ist in der Schwebe."

Marca (Spanien): "Ten Hag wärmt sich schon auf. Die Niederlage gegen Holstein Kiel verurteilt Nuri Sahin zum Tode."

Blick (Schweiz): "Peinlich-Halbzeit kostet Dortmund drei Punkte."

Krone (Österreich): "Kiel stürzt Dortmund noch tiefer in die Krise."


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