Die anfällige Bayern-Defensive: Nichts weiter als eine Mär?

Die Spielweise von Vincent Kompany birgt für die Defensive des FC Bayern ein gefährliches Risiko - so der Vorwurf. Ein genauerer Blick verrät jedoch: Dieses grundsätzliche Urteil ist schlicht falsch. Eine Analyse.
Vincent Kompany
Vincent Kompany / Stefan Matzke - sampics/GettyImages
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Wenn über die bisherige Amtszeit von Vincent Kompany beim FC Bayern gesprochen wird, ist automatisch auch die von ihm bevorzugte Spielphilosophie ein Thema. Er möchte seine Mannschaft möglichst dominant, mutig und kontrollierend aufspielen lassen. Dazu gehört auch eine Abwehr und dabei insbesondere auch Innenverteidigung, die weit mit aufschiebt. Es kommt nicht allzu selten vor, dass sich Dayot Upamecano und Min-jae Kim in Ballbesitz beinahe an der Mittellinie aufhalten.

Dieser Herangehensweise wurden bislang stets große Risiken attestiert. Von einer anfälligen Bayern-Defensive war bereits die Rede, von einem gefährlichen Spiel. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die Statistiken, so zerfällt diese vermeintliche Beobachtung schnell.

Statistiken sprechen eine andere Sprache: Bayern-Abwehr nur selten anfällig

Zunächst die groben Werte: Nach nun neun Spieltagen in der Bundesliga mussten die Münchener sieben Gegentore hinnehmen. Ganze drei dieser Gegentore stammen aus einem einzigen Spiel, nämlich aus dem 3:3-Unentschieden gegen Eintracht Frankfurt. Da mit Manuel Neuer zurzeit ausdrücklich kein Torwart zwischen den Pfosten steht, der selbst noch viele Großchancen zu vereiteln weiß und somit die Statistik auch nicht verfälscht, entspricht diese Anzahl an Gegentoren einem guten Wert.

Wer nun einen genaueren Blick in die Statistiken wirft, der wird eines erkennen: Bislang gab es mit Eintracht Frankfurt und dem FC Barcelona eigentlich nur zwei Mannschaften, die die Defensive des FC Bayern tatsächlich vor größere Probleme stellen konnten.

Beim 3:3-Remis gegen die SGE lag der xGa-Wert ('expected goals against') laut fbref bei 1,2. Die 1:4-Niederlage gegen Barca brachte einen xGa-Wert von 2,2 auf. Abseits dessen ist eigentlich nur noch der allererste Spieltag als nennenswert einzustufen, als der FCB gegen den VfL Wolfsburg einen xGa-Wert von 1,9 zugelassen hat. Und diese drei Werte, die rein rechnerisch und theoretisch die erwartete Anzahl an Gegentreffern beziffern, stehen in dieser Höhe auch schon sehr einsam da - zumal sie selbst für einzelne Spiele auch gar nicht außergewöhnlich hoch ausfallen.

Frankfurt und Barca als Ausnahmen von der Regel - leichte Anpassungen gegen solche Gegner nötig

Außerdem waren die taktischen Herangehensweisen von Frankfurt und Barcelona auch sehr gut dazu geeignet, die Bayern-Defensive vor Probleme zu stellen. Das gelang den beiden Mannschaften aber auch nur deshalb, weil sie sich dafür nicht umstellen mussten, sondern auf ihre gewohnte Spielweise setzen konnten. Wie auch Taktik-Experte Tobias Escher bei 'X' erklärte: Die allgemeine Geschwindigkeit in ihrer Herangehensweise, in Kombination mit einem ballhaltenden Angreifer und dann über die Außenbahnen vorrückenden schnellen Spielern, die von solchen Umschaltmomenten profitieren können, stellten Upamecano und Kim vor größere Probleme.

Doch in allen anderen Spielen blieb es bei einer zumeist sehr souveränen Abwehrleistung. So wurden zumeist nur wenige Torchancen zugelassen, die dann manchmal durch vereinzelte individuelle Fehler so wirkten, als würden sie auf der vermeintlich riskanten Kompany-Spielweise fußen.

Nach der Niederlage gegen Barcelona hat der FC Bayern schon wieder vier Pflichtspiele absolviert. Die Anzahl der Gegentore in diesen Partien: Null. Es gab gleich vier Zu-Null-Siege, bei denen die Defensive kaum etwas anbrennen ließ und sich als sicher präsentieren konnte. Wäre die Herangehensweise in sich so gefährlich, könnten es auch vermeintlich schwächere Gegner auffällig häufig ausnutzen. Es ist also eine Mär und ein Missverständnis, wenn man den geforderten Spielstil der Münchener ganz grundsätzlich als defensiv gefährlich und riskant bezeichnet. Gegen einzelne Gegner, siehe Barca und die Eintracht, bräuchte es trotzdem ein paar Anpassungen. Allerdings ist die Amtszeit von Kompany auch noch jung.


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