Big-Game-Player ohne Einsatz im wichtigsten Saisonspiel: Rätselraten um Palhinha

Joao Palhinha blieb gegen Inter Mailand über 90 Minuten auf der Bank. Zweifel kommen auf, welche Rolle der Portugiese beim deutschen Rekordmeister überhaupt spielen soll.
Joao Palhinha kommt beim FC Bayern nicht in den Tritt
Joao Palhinha kommt beim FC Bayern nicht in den Tritt / Alex Grimm/GettyImages
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Man ist es inzwischen gewohnt: Auch am Dienstag beim Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen Inter Mailand musste Bayerns Joao Palhinha auf der Bank Platz nehmen. Seit seinem Wechsel im vergangenen Sommer konnte sich der Portugiese noch zu keinem Zeitpunkt konstant in der ersten Elf der Münchener festsetzen. Und doch verdient die Entscheidung von Trainer Vincent Kompany, auch diesmal nicht auf den Sechser zu setzen, eine gesonderte Betrachtung.

Das Spiel gegen Inter war genau eines dieser Spiele, für die der deutsche Rekordmeister Palhinha ursprünglich verpflichtet hat und sich das eine staatliche Summe kosten ließ. Zur Erinnerung: 51 Millionen Euro zahlten die Münchener an den FC Fulham, Palhinha ist der fünftteuerste Einkauf der Vereinsgeschichte. Nur Harry Kane, Lucas Hernandez, Matthijs de Ligt und Michael Olise kosteten noch mehr.

Palhinha sollte in den großen Spielen wichtig werden

In den großen Spielen gegen die absoluten Spitzenteams Europas fehlt den Bayern die Physis im Mittelfeldzentrum, hatte Kompanys Vorgänger Thomas Tuchel einst analysiert. Um den Champions-League-Titel angreifen zu können, brauche es einen defensiv denkenden Sechser, Tuchels Wunschlösung: Palhinha. Deal off hieß es dann bekanntlich kurz vor Deadline im Sommer 2023, doch ein Jahr später schlugen die Bayern doch noch zu. Tuchel war zwar inzwischen nicht mehr Bayern-Trainer, seine Diagnose aber weiterhin treffend.

Doch nach Palhinhas Ankunft in München deutete sich schnell an, dass er nicht die Spielzeit erhalten würde, die die gezahlte Ablöse nahelegt. Erste Fragezeichen moderierten die Bayern-Verantwortlichen stets mit dem Hinweis auf die wichtigen Spiele im Frühjahr ab. Der Portugiese sei ein Mann für die großen Spiele, ein sogenannter "Big Game Player", wie man im US-Sport zu sagen pflegt.

"Crunch-Time in den Wettbewerben ist März, April, Mai", sagte Sport-Vorstand Max Eberl, nachdem Palhinha am fünften Spieltag beim Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen über 90 Minuten auf der Bank gesessen hatte.

Palhinha kann Pavlovics Ausfall nicht nutzen

Nun ist April und genau jene Crunch-Time ist da. Das Duell gegen Inter war das bis hierhin wichtigste Spiel der Saison. Palhinhas Situation hat sich jedoch nicht verbessert, im Gegenteil: Sie hat sich sogar eher noch verschlechtert. Zu Saisonbeginn kam der Portugiese nicht an Aleksandar Pavlovic vorbei. Den Umstand, dass ein 20-Jähriger zwischen dem geplatzten Deal und dem tatsächlichen Wechsel den Durchbruch schafft und anschließend den Startelfplatz blockiert, könnte man noch wohlwollend als unglückliche Fügung interpretieren. Nur: Pavlovic fehlt seit Wochen krankheitsbedingt, es spielt jedoch nicht Palhinha neben Joshua Kimmich auf der Doppelsechs, sondern Leon Goretzka.

Der 30-Jährige galt zu Saisonbeginn als Verkaufskandidat. Dass der FCB in Tuchels Amtszeit überhaupt die berühmt-berüchtigte Holding Six suchte und auf die Idee Palhinha kam, war das Resultat einer Abkehr von der Doppelsechs Kimmich-Goretzka. Genau auf dieses Auslaufmodell setzt Kompany nun jedoch wieder, so auch am Dienstag. Obwohl Goretzka zuletzt mit einer Blessur zu kämpfen hatte und noch nicht wieder bei hundertprozentiger Fitness sein dürfte.

Tuchels alte Analyse konnte das Duo bei der 1:2-Niederlage nicht widerlegen. Selten hatten die Bayern Kontrolle über das Zentrum. In der ersten Halbzeit konnte Nicolo Barella einen (zugegeben einigermaßen irren) flachen Pass durch die Mitte von der eigenen Abwehrreihe in die letzte Linie spielen. Der Staubsauger vor der Abwehr wäre in dieser Szene nützlich gewesen. Dennoch wurde Palhinha nicht eingewechselt. Und das, obwohl er einer von gerade einmal vier fitten Feldspielern der ersten Mannschaft auf der Bank war.

Palhinha und der FC Bayern - das passt offensichtlich nicht zusammen. Warum, ist die große Frage. Kann Palhinha nicht das zeigen, was der FC Bayern sich von ihm erhofft hat? Ist Kompany generell kein Freund des Spielertyps Holding Six? Sieht er vielleicht gar nicht dieselbe Notwendigkeit für zusätzliche Physis im Zentrum wie Tuchel damals? Noch lassen sich die Fragen nicht beantworten. Klar ist nur: Wenn sie im Sommer an der Säbener Straße schon gewusst hätten, wie wenig Ertrag sie für ihren fünftteuersten Einkauf bekommen würden, hätten die Bayern-Verantwortlichen wohl damals ebenfalls gesagt: Deal off.


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