Die Achterbahn-Saison von Borussia Dortmund droht zum Debakel zu werden
Von Florian Rümmele

Es ist nicht bekannt, ob Niko Kovac ein großer Film-Fan ist. Beim Blick auf die sportliche Situation von Borussia Dortmund kommt einem Cineast aber als erstes die Komödie "Und täglich grüßt das Murmeltier" in den Sinn. In dem Klassiker aus dem Jahr 1993 hängt Bill Murray in einer Zeitschleife fest und erlebt Situationen immer wieder und wieder.
Die einzige Konstante beim BVB? Die Unbeständigkeit
Dem BVB geht es ähnlich. Nur grüßt hier nicht täglich ein Nagetier sondern der Schlendrian, die wechselhaften Leistungen der Dortmunder. Beim 1:1 gegen Lille in der Champions League attestierte Niko Kovac seiner Mannschaft zwar erneut eine gute erste Halbzeit, monierte hingegen aber auch, dass man in der zweiten Halbzeit keinen Zugriff mehr hatte. "Da kam zu wenig. Wir hatten einfach zu wenig Spielverlagerung. Wir hatten kaum Phasen, in den wir das Spiel beruhigt, stattdessen den Ball sehr leicht weggegeben haben."
Sätze, die man in dieser Saison schon des Öfteren hörte. Von Kovac und auch von seinem Vorgänger Nuri Sahin. Der BVB, letzte Saison noch im Finale der Königsklasse, spielt in den kommenden Wochen um seine sportliche Zukunft.
Im DFB-Pokal war für die Borussen bereits in der zweiten Runde gegen den VfL Wolfsburg Endstation, in der Bundesliga liegt der BVB aktuell auf Platz 10, sechs Punkte hinter einem Champions-League-Platz. Bayer 04 Leverkusen als Tabellenzweiter liegt 18 Punkte vor dem BVB, die Bayern sogar 26 - sportlich gesehen sind das Welten.
Der stolze Klub, der sich lange als Nummer zwei in Fußball-Deutschland sehen durfte und die Bayern auch das ein oder andere Mal vom Thron stoßen konnte, droht national das sportliche Mittelmaß. Die kommenden Bundesliga-Spiele gegen Augsburg, Leipzig (auswärts) und Mainz werden die Richtung vorgeben: Schaffen es Julian Brandt und Co. nochmals in Richtung Europapokal-Plätze aufzuschließen?
Und in der Königsklasse selbst muss man nach einer erneut durchwachsenen Leistung ein 1:1 bei Lille verteidigen. Einer Mannschaft, die zuhause bereits Real Madrid besiegen konnte und dreifach bei Atletico punktete. Ein Team, das in der heimischen Ligue 1 ebenfalls um die erneute Qualifikation für Europa kämpfen muss. Ein Team also, das ähnlich wechselhaft wie der BVB agiert. Dem BVB droht schon Ende März der Super-GAU: eine Saison, die bereits zu Ende ist, bevor die heiße Phase beginnt.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Der BVB hat sich unter Niko Kovac leistungstechnisch stabilieren können. Das Spiel gegen Lille war das vierte Pflichtspiel in Folge ohne Niederlage. In sieben Pflichtspielen unter Kovac konnten die Schwarz-Gelben drei Siege und zwei Unentschieden einfahren (1,57 Punkte pro Spiel). Das ist, mit Blick auf den Kader, noch keine Bilanz einer Spitzenmannschaft. Die Zahlen sind Ausdruck eines Pragmatismus. In Dortmund geht es darum, die Saison zu retten. Nicht mehr und nicht weniger.
Zu spät reagiert: Der BVB lässt Sahin machen
Zum Vergleich: Vorgänger Sahin kommt auf eine Bilanz von 1,48 Punkten pro Spiel. Dass Sahin 27 Spiele an der Seitenlinie stehen durfte, war vermutlich der größte Fehler der BVB-Verantwortlichen. Die Probleme in der Mannschaft waren zu offensichtlich, die Weiterentwicklung nicht erkennbar. Unter Sahin verlor der BVB zu Beginn des Pflichtspieljahres fünf Partien in Folge, darunter die peinlichen Auftritte in Kiel und Bologna.
Doch am Borsigplatz hielt man an dem Talent aus den eigenen Reihen fest und wechselte spät. Zu spät. Nachfolger Tullberg brüllte die Profis in drei Spielen zu sieben Punkten, als Kovac dann übernahm, war auf dem Transfermarkt nicht mehr viel zu retten.
Mit Daniel Svensson und Carney Chukwuemeka lieh man sich kurz vor Transferschluss noch zwei Spieler aus. Der junge Schwede zeigte vielversprechende Akzente in seinen ersten sieben Partien, fällt nun allerdings verletzungsbedingt erstmal aus. Chukwuemeka hingegen kommt bis dato auf 40 (!) Minuten Einsatzzeit, der zentrale Mittelfeldspieler fiel nach seinem Transfer gleich mit Knieproblemen aus.
Es lässt sich festhalten, dass der BVB bei der Wahl der Neuzugänge zuletzt kein glückliches Händchen hatte. Maximilian Beier, für viel Geld aus Hoffenheim verpflichtet, steht nach 34 Einsätzen zwar bei neun Scorerpunkten, allerdings gelang ihm vor November kein einziger. Waldemar Anton, als Mosaikstein für die schwächelnde Defensive verpflichtet, saß die letzten drei Bundesliga-Spiele 90 Minuten auf der Bank. Yan Couto, mit Kaufverpflichtung von Manchester City ausgeliehen, ist bisher nur als Teilzeitkraft aufgefallen. Lediglich Pascal Groß und Serhou Guirassy gehören zu den unumstrittenen Stammspielern beim BVB.
Eine Bilanz, die nicht zufriedenstellend ist. Am Borsigplatz wartet viel Arbeit auf Lars Ricken und Sebastian Kehl. Die beiden übrig gebliebenen Verantwortlichen werden in den kommenden Wochen noch genauer hinschauen: Sollte der Europapokal verpasst werden, wird der BVB-Kader im kommenden Jahr ein anderes Gesicht bekommen. Und auch auf dem Trainerstuhl könnte es dann zu einer weiteren Änderung kommen. Wie zuletzt des Öfteren, täglich grüßt das Murmeltier!
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